Lieferengpässe in der Wirtschaft Der Materialmangel kennt kein Ende

Düsseldorf · Neben dem neuerlichen Corona-Lockdown in China kommt es vor allem durch den Ukraine-Krieg zu Problemen. Davon sind auch private Bauherren und Baufirmen maßgeblich betroffen.

Staus in Containerhäfen sind ein Grund für Lieferengpässe.

Staus in Containerhäfen sind ein Grund für Lieferengpässe.

Foto: dpa/Bernd Thissen

Erst waren es seit 2020 vor allem die corona-bedingten Störungen in den internationalen Lieferketten, die die Produktion auch in Deutschland beeinträchtigten. Dan kam der Materialmangel dazu, der durch den Krieg in der Ukraine sowie dadurch bedingte ausbleibende Lieferungen aus Russland und seinem Nachbarland entstand. Mittlerweile führt ein weiterer Pandemie- Lockdown in Shanghai zu  neuerlichen Problemen bei der Beschaffung von Waren und Rohstoffen. Das geht sogar so weit, dass das Spielzeug knapp werden könnte, wie Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Deutschlands (HDE) jüngst auch mit Blick auf die Erfahrungen der vergangenen beiden Jahre erklärte.

Im Handel berichten aktuell laut HDE rund 88 Prozent der Unternehmen aktuell von Problemen bei der Beschaffung von Waren. „In etwa der Hälfte der Fälle sind mehrere Produkte betroffen oder es kommt zu längeren Lieferverzögerungen“, erklärt der HDE. Besonders stark trifft es neben dem Lebensmittelhandel, wo die Warenengpässe  sattsam bekannt und durch Hamsterkäufe verstärkt worden sind, unter anderem den Bau- und Heimwerkerbedarf. Womit wir bei den Problemen auch der privaten Bauherren und der Baufirmen wären. „Es fehlt an allem Möglichen, an Plastikschaltern für Elektrobtriebe, an Kunstoffverblendungen für Dachdecker, an Vorprodukten für Flesen und Fenster“, sagt ein Sprecher der Handwerkskammer Düsseldorf. Mitunter, so heißt es im Handwerk, werde nur ein Bruchteil der bestellten Metalle geliefert.

Auch der Bundesverband Holzpackmittel, Paletten, Exportverpackung (HPE) hat bereits Alarm gechlagen. Hintergrund: Paletten werden nach Angaben des Verbandes im Wesentlichen aus Schnittholz, Palettenklötzen und Nägeln gefertigt. 78 Nägel brauche man für eine Europalette.Aber die werden zu großen Teilen aus russischem Stahl hergestellt, und von dort gibt es aktuell keinen Nachschub. Für kurzfristige Ersatzlieferungen aus Fenost gebe es keine Kapazitäten, heißt es – zumal der neue Lockdown in Shanghai auch an der Stelle neue Lieferprobleme auslöst.

Einer, der die Probleme plastisch verdeutlicht, ist der Düsseldorfer Herman Josef Först, der ein Metallbauunternehmen betreibt.Seit Beginn der Ukraine-Krise hätten sich Aluminiumbleche Woche für Woche um drei Prozent verteuert.  Besonders schwierig sei der Zugriff auf Platinen, beispielsweise für Sonnenschutzrollos. Produktionsverzug: vier Monate. Bei Versiegelungsmasse wie Silikon habe außerdem eine „Zuteilungspolitik“ bei den Händlern „wie einst in der DDR“ um sich gegriffen, berichtet Först; es gebe aktuell jeweils nur kleine Prozentmengen der Bestellumfänge. Bei den Silikonkartuschen spüren das beispielsweise die Fliesenleger genauso.

Ein Ende der Materialknappheit ist nicht in Sicht. Bei jenen Rohstoffen und Vorprodukten, die aus Russland und/oder der Ukraine kommen, wird erst das derzeit nicht vorhersehbare  Ende des Krieges  der Anfang vom Ende der Lieferengpässe sein. Was China angeht, ist schwer vorhersehbar, welche Folgen neue Corona-wellen haben werden. Denn im Reich der Mitte führt jede neue Pandemie-Welle sofort zu einem strikten zumindest regionalen Lockdown. Dann wird es nicht nur beim Spielzeug knapp; es bleiben auch die Lieferengpässe bei Elektrorartikeln, die man schon in den großen Märkten gesehen hat, und bei Fahrzeugchips, die die Produktion im Autobau lähmen. Bei VW müssen wegen der Lieferengpässe Bedienstete ihre Firmenwagen sogar zwei Jahre länger fahren.

Bei den Bauunternehmen, deren Auftragdsbücher voll sind, die diese aber oft nicht abarbeiten können, stellen sich manche wegen der Kriegsfolgen auf steigende Preise und Kurzarbeit ein, wie Tim-Oliver Müller vom Hauptverband der Deutschen Bauindus­trie gesagt hat. In einer Verbandsumfrage berichteten die Unternehmen „unisono, dass Materiallieferanten nur noch tagesaktuelle Preise geben“. Mehr als 80 Prozent der Befragten gaben sogar an, dass Lieferanten überhaupt keine Preiszusagen mehr geben würden. Das macht die Auftragskalkulation natürlich extrem schwierig Nur mit einem Drittel der Auftraggeber sei es gelungen, so genannte Preisgleitungen zu vereinbaren, also das Risiko steigender Preise zu verteilen, damit die Unternehmen auf dem Risiko nicht allein sitzenbleiben.Bei zwei von dreien hat das also nicht funktioniert. Und deshalb gäben  mehr  30 Prozent der Bauunternehmen keine neuen Angebote mehr ab, teilte der Verband am Montag mit. Nachdem mit dem Bund bereits Preisgleitklauseln bereibart worde sind, fordert der Bauverband, dass auch die Bundesländer und die Kommunen die Regelungen übernehmen.

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