Handelskrieg Europa verweigert sich Huawei-Boykott

Düsseldorf · US-Präsident Trump erhöht den Druck gegen China im Handelsstreit und leitet einen Huawei-Boykott ein. Deutschland und andere EU-Länder distanzieren sich, die Bundesnetzagentur will allgemein klare Prüfregeln für Netzwerkausrüster in Deutschland einführen. Dabei setzt Vodafone in Großbritannien auch bei den neuen 5G-Netzen auf Huawei.

Donald Trump wird seinem Ruf als konfrontationswilliger Verhandler erneut gerecht. Der US-Präsident hat für den Telekomunikationssektor einen angeblich notwendigen Nationalen Notstand ausgerufen und Chinas führenden Technikkonzern Huawei auf eine schwarze Liste gesetzt. Unternehmen in den USA dürfen keine Produkte des Netzwerkausrüsters ohne Erlaubnis der US-Regierung erwerben. Trump wirft Huawei vor, mit seinen Produkten könne China Spionage betreiben. Mit dem faktischen Boykott erhöht er auch den Druck auf China, im Handelsstreit zwischen beiden Ländern. Die USA hatten kürzlich Zölle auf chinesische Importe in Höhe von 200 Milliarden Dollar verhängt, China konterte mit höheren Abgaben auf US-Produkte. Nun würden sich bei den USA „protektionistische Ziele mit reinen Sicherheitserwägungen“ verbinden, erklärte Michael Hüther, Chef des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW), im Gespräch mit unserer Redaktion.

Trotz Aufforderung durch die US-Politik wollen die meisten EU-Länder dem Boykott gegen Huawei nicht folgen. Es sei „nicht angemessen“, einen Handelskrieg wegen einer Technologie zu starten, sagte der französische Präsident Emmanuel Macron. Kanzlerin Angela Merkel erklärte, Deutschland habe einen sehr fundierten Weg entwickelt, darüber zu entscheiden, welche Firmen am Aufbau der künftigen 5G-Mobilfunknetze teilnehmen dürften. Darin seien allgemeine Sicherheitskriterien formuliert, die für alle Firmen aus allen Ländern gälten. Auch der niederländische Premier Mark Rutte schloss einen Boykott von Huawei aus.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und die Bundesnetzagentur distanzierten sich ebenfalls von der Linie der USA. „Die EU muss souverän entscheiden, welche Marktakteure es beim Aufbau der 5G-Netzinfrastruktur zulässt. Europa darf sich nicht in den Handelskonflikt zwischen China und den USA ziehen lassen“, forderte der BDI. Jochen Homann, Präsident der Netzagentur, erklärte, es gebe keine Hinweise darauf, dass Huawei gegen Gesetze verstoßen habe. Also halte die Behörde daran fest, im Sommer ein Regelwerk vorzuschlagen, mit dem alle künftigen Netzausrüster überprüft würden, ob ihre Anlagen wirklich sicher seien.

Auf Nachfrage erklärte die Deutsche Telekom, sie halte daran fest, dass T-Mobile USA keine Komponenten von Huawei kaufe. So will der Bonner Konzern die Chance erhöhen, dass der US-Ableger die Erlaubnis der Regierung in Washington erhält, den dortigen Wettbewerber Sprint zu erwerben. Für den Aufbau der Netze in Europa werde man sich an die Vorgaben der Politik halten, ergänzt ein Sprecher. Man bewerte aber die Auswahl der Netzwerklieferanten neu. Dies sind neben Huawei Nokia, Ericsson und der US-Anbieter Cisco.

Vodafone erklärt, man habe nicht vor, Technik von Huawei im Kernnetz zu installieren. Doch laut BBC nutzt der Konzern im Heimatmarkt Funkstationen von Huawei auch für das neue 5G-Netz. Vodafone-Chef Nick Read hatte schon im März gesagt, ohne Huawei werde der Aufbau der europäischen 5G-Netze zwei Jahre länger dauern als mit dem bewährten Partner.

Ein Manager eines deutschen Telefonkonzerns sagt unserer Redaktion die Huawei-Debatte werde sachfremd geführt: Alle Netzwerkausrüster würden ihre Geräte in China zusammenbauen lassen. „Wenn Pekings Geheimdienst uns alle ausspionieren will oder geheime Ausschalt-Knöpfe in Netze einbauen will, müssten alle diese Produktionsanlagen überprüft werden und nicht nur ein Konzern.“

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