Issum Der geheimnisvolle Diebels-Käufer

Issum · Daniel Deistler hat in Issum Aufbruchstimmung erzeugt. Aber hinter seiner Finanzkraft steht ein Fragezeichen.

Als der neue Investor am Mittwoch das Gelände an der Brauerei-Diebels-Straße in Issum verließ, hatte er in der Belegschaft des Bierbrauers ein paar Sympathien gewonnen. "Daniel Deistler hat Aufbruchstimmung erzeugt", sagt der Betriebsratsvorsitzende Thomas Engelsiepen. Das ist nach Jahren, in denen die Issumer als Stiefkind der weltgrößten Brauereifamilie AB Inbev galten, vermutlich ein wohltuendes Gefühl. Investitionen in Marke und Brauerei hat Deistler, der künftige Eigentümer, am vergangenen Montag angekündigt, und daran knüpft sich manche Hoffnung am Niederrhein. Auf welchem Niveau der neue Eigentümer das plant, ist da fast schon nebensächlich: "Weniger als AB Inbev für die Marke Diebels getan hat, ist kaum noch möglich. Es kann nur besser werden", sagt Engelsiepen.

Wie viel Geld tatsächlich in die Blutauffrischung bei Diebels fließen muss, ist die eine Frage. Die andere: Wo soll es herkommen? Über den Investor Deistler rümpfen einige in der Branche die Nase; der Investor und sein Unternehmen CK Corporate Finance haben bisher wenig gegen solcherlei Skepsis getan. Auf der Webseite sind jede Menge Beratungsprojekte aufgelistet, die das Unternehmen durchgezogen hat, aber als Investor ist Deistler noch gar nicht in Erscheinung getreten. Manche unken schon, er sei nur ein Strohmann, aber dafür gibt es keine Belege.

Für seine Finanzkraft ebenfalls nicht. Hinter der steht zumindest ein Fragezeichen. Bei Diebels hat Deistler angekündigt, 50 bis 70 Mitarbeiter einzustellen. Das wären auf jeden Fall noch einmal Millionenaufwendungen an Personalkosten. Von Investments in die Brauerei ganz zu schweigen. Nun ist es bei Private-Equity-Investoren durchaus nicht Anrüchiges, dass sie ihre Deals zu mehr oder weniger großen Teilen mit Fremdkapital durchziehen. Das dürfte auch bei Deistler nicht anders sein. Eine Anfrage zu dem Thema ließ sein Kommunikationsbüro gestern unbeantwortet. Das Procedere hat jedenfalls für Investoren den schönen Effekt, dass die Rendite auf das eingesetzte Kapital vergleichsweise groß ist. Das funktioniert aber nur dann, wenn die Gesamtkapitalrentabilität höher ist als die Fremdkapitalzinsen. Leiht sich Deistler das gesamte Kapital, müsste Diebels schon mehrere Millionen Euro verdienen. Bei einem Unternehmen, das zuletzt etwas mehr als 40 Millionen Euro umgesetzt hat und gerade mal eine Marge von zwei Prozent geschafft haben soll, ist das zu viel.

Über solche Zahlenwerke sagt Deistler aber noch nichts. Der Deal soll ja erst im Sommer abgeschlossen sein, also kannn sich der neue Eigentümer noch ein bisschen Schweigen gönnen. Dafür diskutieren andere. Zum Beispiel darüber, dass im Bundesanzeiger CK-Jahresabschlüsse stehen, in denen "nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbeträge" in sechsstelliger Höhe stehen. Mehr als 700.000 Euro waren es beispielsweise im Abschluss für 2012. Die "Frankfurter Neue Presse" nennt einen Fehlbetrag von rund 560.000 Euro für das Jahr 2015. Für die beiden vergangenen Jahre sind im Bundesanzeiger noch keine Zahlen der CK Corporate Finance zu finden. Dazu ist Deistler freilich auch nicht verpflichtet. Aber die Offenlegung könnte manches über seine finanzielle Schlagkraft sagen.

Einstweilen verspricht er, dass der Kaufpreis sicher da sein werde, wenn er fällig werde. Wofür auch immer. Es gibt Stimmen in der Branche, die schreiben Hasseröder den weitaus größeren Anteil an der Summe zu; andere spekulieren darüber, dass CK Corporate Finance auch Schulden und Pensionsverpflichtungen mit übernommen habe und der wahre Kaufpreis mehr oder weniger deutlich unter 200 Millionen Euro liege. Das alles mag bei Diebels niemanden von seiner Zuversicht abbringen. Betriebsratschef Engelsiepen glaubt fest an die Zukunft, zumal Diebels noch ein anderes Eisen im Feuer hat: "Wir haben nochmittelfristig einen Vertrag für Beck's." Für die Noch-Schwester braut Diebels nicht nur, sondern füllt das Bier auch ab.

(RP)
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