Mate 30 vorgestellt Neues Spitzen-Smartphone von Huawei mit Riesenschwächen

München · Mit dem Mate 30 würde Huawei das iPhone von Apple gerne noch stärker herausfordern. Tatsächlich wird das Gerät sicher kein Verkaufsrenner: Wichtige Apps von Google fehlen wegen des US-Boykotts gegen Chinas größten High-Tech-Konzern.

 Das neue Huawei Mate 30 wurde in München vorgestellt.

Das neue Huawei Mate 30 wurde in München vorgestellt.

Foto: dpa/Sven Hoppe

Software is King, Software entscheidet über den Verkaufserfolg. So lautet eine alte Weisheit in der High-Tech-Welt rund um Smartphones und Computer. Am Donnerstag dieser Woche zeigte sich in München, wie sehr der Boykott der USA Chinas größten Smartphonehersteller Huawei trifft: Der Konzern präsentierte ein neues Spitzenmodell, das als reines Gerät wohl jedes andere Edelhandy schlagen könnte: Die Kamera hat vier Objektive, Ultraweitwinkel und Telezoom. Auch bei wenig Licht sind exzellente Aufnahmen möglich, zeigte die Präsentation. Ein Display mit abgerundeten Ecken beeindruckt. 14 Antennen für den Mobilfunkempfang sind integriert. Der Akku wird besonders schnell geladen. Das kann Preise ab 799 Euro rechtfertigen, ein Spitzenmodell kostet sogar etwas mehr als 2000 Euro.

Doch trotz der guten Ausstattung ist damit zu rechnen, dass Huawei mit dem Gerät eine Pleite erleben wird. Ein Verkaufspreis in US-Dollar wurde erst gar nicht genannt, die USA boykottieren Huawei bekanntermaßen seit Wochen. Aber auch in Europa ist nicht von einem großen Interesse der Kunden auszugehen: Denn wegen des US-Boykotts hat Huawei vom global führenden Betriebssystem Android nur die Basisversion aufgespielt, die jedermann ohne Lizenz von Google nutzen darf. Doch es fehlen sowohl der Google Play Store und wichtige Apps wie Google-Maps, Youtube, GMail oder Googlepay, weil Google dafür die Lizenz verweigern musste. Nutzer können sich zwar diese Apps jeweils einzeln herunterladen, aber das scheint relativ schwer zu sein.

Zwei der drei großen Netzbetreiber in Deutschland haben bereits erst einmal abgewunken, das neue Spitzenmodell über ihre Shops zu verteilen. „Die Telekom hat sich entschieden, die neuen Huawei-Mate-30-Modelle vorerst nicht in ihr Produktportfolio aufzunehmen“, erklärte der Bonner Konzern. Vodafone aus Düsseldorf gibt sich ebenfalls zurückhaltend. Eine positive Vertriebsentscheidung hat Telefonica auch nicht getroffen.

Noch mehr wird Huawei treffen, dass die einzelnen Kunden mit dem neuen Smartphone wenig anfangen können. Ein denkbarer Vertrieb über Handelsketten wie Media Markt wird also auch keinen Durchbruch bringen: „Huawei bekommt ein großes Problem, wenn es seine Smartphones ohne Google-Dienste verkaufen will“, sagt Annette Zimmermann, Analystin beim Marktforscher Gartner. Die Kunden erwarteten, dass auf den Geräten Google-Dienste verfügbar sind. Auf Apps wie YouTube oder Maps wolle niemand verzichten. „Die Verkaufszahlen von Huawei werden unweigerlich zurückgehen“, sagte Zimmermann.

Wie schwer es Huawei ohne den Appstore von Google hat, zeigt diese Zahl: Die konzerneigene „Huawei App Gallery“ beinhaltet mehr als 11.000 Anwendungen. Aber im Play Store von Google sind 2,7 Millionen Anwendungen zu finden. Auf weit mehr als einer Milliarde Geräte nutzen Kunden den Apple-Store, entsprechend viele Entwickler passen ihre Apps für diesen Markt an.

Was bedeutet dies alles? Huawei kann nur hoffen, dass US-Präsident Donald Trump seinen harten Kurs gegen China wieder mäßigt, dann wäre auch der Boykott gegen Huawei beendet. Wenig bringen wird dagegen, dass Huawei nun eine Milliarde Dollar verteilen will, damit Entwickler ihre Apps anpassen.

Ein Ziel ist in die Ferne gerückt: Eigentlich wollte Huawei dieses Jahr Samsung als Weltmarktführer bei Smartphones ablösen.„Wir haben dieses Ziel auf das nächste oder übernächste Jahr verschoben“, heißt es in München.

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