Berlin Der Atommüll-Pakt ist geschlossen

Berlin · Bundesregierung und Konzerne sind erleichtert über den 23,6-Milliarden-Deal.

Der Bundestag hat gestern den milliardenschweren Pakt mit den vier Atomkonzernen Eon, RWE, Vattenfall und EnBW gebilligt. Damit geht ein langer Streit zu Ende. Doch einige Ungewissheiten bleiben.

Wer profitiert? Bundesregierung und Konzerne hatten ein Interesse an dem Deal. Die Konzerne verpflichten sich, für die Entsorgung des Atommülls in Deutschland 23,6 Milliarden Euro bis 2022 an einen Staatsfonds zu überweisen, mit dem die Zwischen- und Endlagerung des radioaktiven Abfalls finanziert werden soll. Das Geld soll bis Juli 2017 fließen, Ratenzahlung ist möglich. Damit kaufen sich die Konzerne zugleich von allen weiteren Kosten frei. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sprach dennoch von einem "Durchbruch". Das Gesetz treffe eine unmissverständliche Arbeits- und Kostenteilung, die dem Verursacherprinzip Rechnung trage.

Was kostet die Entsorgung wirklich? Darüber gehen die Angaben auseinander. Nach Einschätzung der von der Bundesregierung eingesetzten Kommission zum Atomausstieg liegen die Kosten eher bei 48 Milliarden Euro. Ein Szenario mit schlechteren Annahmen kam sogar auf knapp 170 Milliarden Euro bis 2099.

Was müssen die Konzerne noch tun? Jahrelang haben die Konzerne Milliarden mit der Atomkraft verdient. Ihre Aufgabe bleibt es, die Atomanlagen stillzulegen, sie zurückzubauen und den radioaktiven Müll so zu verpacken, dass er ins Endlager gebracht werden kann. Die Kosten dafür dürften noch mal bei 60 Milliarden liegen. Für diese Arbeiten müssen die Unternehmen auch haften.

Wer regelt die Endlagerung? Die Endlagerfrage liegt beim Bund. Aktuell sucht die Bundesregierung in einem aufwendigen Verfahren nach einem Standort. Bislang ist aber nicht einmal entschieden, in welchem Gestein und damit in welchen Regionen Deutschlands die Möglichkeit für die Atommüll-Endlagerung erkundet werden soll.

Was ist mit den Atomklagen? Einige Klagen will die Energiewirtschaft fallen lassen. Das Verfassungsgericht hat der Regierung im Zusammenhang mit dem abrupten Atomausstieg aber auferlegt, für die schon getätigten Investitionen einen Ausgleich zu zahlen. Dabei geht es nur um ein paar hundert Millionen Euro. Noch offen ist dagegen, was aus den Klagen gegen die Brennelemente-Steuer wird, die Konzerne fordern hier Milliarden zurück. Offen ist auch noch die 4,7-Milliarden Euro schwere Klage des schwedischen Konzerns Vattenfall vor einem internationalen Schiedsgericht, von der auch Eon profitieren könnte.

Können die Konzerne das tragen? Die Konzerne haben zwar Rückstellungen für den Rückbau der Meiler und die Lagerung des Mülls gebildet. Doch die Mittel liegen nicht im Tresor, sondern sind in Kraftwerken, Netzen und Papieren gebunden. Zudem müssen die Konzerne auf ihre Rückstellungen auch noch eine Risikoprämie zahlen. Allein Eon muss insgesamt voraussichtlich rund zehn Milliarden an den Atomfonds überweisen. "Wir können den Scheck über einen solchen Betrag schreiben, doch das beschneidet unsere Handlungsfähigkeit", hatte Eons Finanzchef Michael Sen erklärt. Zur Beschaffung der Mittel schließt Eon eine "Kapitalmaßnahme" nicht aus. So könnte der Konzern etwa Wandelanleihen auf Aktien seiner Tochter Uniper herausgeben. RWE muss voraussichtlich 6,8 Milliarden Euro an den Fonds zahlen. Durch den Börsengang seiner Tochter Innogy sind dem Konzern immerhin Milliarden zugeflossen.

(RP)
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