Düsseldorf Dax unter 9000, Euro-Krise kehrt zurück

Düsseldorf · Der Dax steht so niedrig wie 2014 nicht mehr. Neben China und dem Ölpreis sorgt auch Europa für Unsicherheit: Die Reformen in Griechenland stocken, Spanien und Portugal sind auf Linkskurs.

Weltweit wächst die Nervosität an den Finanzmärkten. Der Dax fiel erstmals seit 2014 unter die wichtige Marke von 9000 Punkten und schloss bei 8979 Punkten. Damit hat der Index gegenüber dem Rekordhoch von April 2015 (12.390 Punkte) über 25 Prozent verloren. Die Ursachen sind die Sorgen vor einem China-Crash und die anhaltende Talfahrt des Ölpreises. Gestern fiel der Preis für ein Fass WTI unter 30 Dollar, Sorgen vor einem Ende des US-Ölförderers Chesapeake machten die Runde. Zudem fürchten Experten neue Einschläge im Euro-Raum. Entsprechend sah die Börse in Athen rot: Sie brach um sieben Prozent auf den tiefsten Stand seit 2012 ein, als das Land vor der Pleite stand. Griechische Zeitungen sprachen vom "schwarzen Montag". "Kathimerini" schrieb: "Ausländer verlassen griechische Börse."

Die Anleger fürchten, dass die aktuellen Gespräche zwischen Griechenland und seinen Geldgebern scheitern. Derzeit überprüft die Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationaler Währungsfonds den Stand der Reformen in Athen. Nur wenn sie Fortschritte sieht, dürfen die Geldgeber die nächste Tranche der 86 Milliarden Euro Hilfsgelder auszahlen. Doch weder beim Schuldenabbau noch bei zentralen Reformen wie der Rente geht es voran. Nun läuft die Bevölkerung Sturm gegen die Reformen: Ab Freitag wollen 20.000 Bauern Athen lahmlegen. Sie hatten Tsipras ein Ultimatum gestellt: Er sollte bis gestern seine Rentenreform zurückziehen. Diese sieht vor, dass der Beitrag zur Rentenversicherung schrittweise von sieben auf 20 Prozent steigt. Schon jetzt behindern Bauern Grenzübergänge nach Bulgarien, kilometerlange Schlangen sind die Folge.

Und Griechenland ist nicht das einzige Sorgenkind der Euro-Zone. Ausgerechnet Portugal, das 2011 mit 78 Milliarden Euro vor der Pleite gerettet werden musste, sich aber nach harten Rezessionsjahren wieder aus der Krise gearbeitet hatte, hat nun den Rückwärtsgang eingelegt. Seit der Wahl im Herbst 2015 regiert eine sozialistische Minderheitsregierung unter António Costa das Land. Als erstes will er Sparmaßnahmen der konservativen Vorgängerregierung wie die Streichung von Urlaubstagen rückgängig machen, Renten und Gehälter für Beamte erhöhen. Am Freitag warnte die EU-Kommission, Portugal werde mit seinem Haushaltsentwurf gegen den Stabilitätspakt verstoßen.

In Spanien ist es dem konservativen Ministerpräsident Mariano Rajoy nach der Wahl 2015 nicht gelungen, eine neue Regierung zu bilden. Nun ist Sozialisten-Chef Pedro Sánchez am Zug. Er verhandelt mit der Podemos-Partei, deren Vorbild die griechische Syriza ist. Gestern kündigte Sánchez an, dass er zentrale Reformen der Regierung Rajoy wie die des Arbeitsmarktes rückgängig machen und ein (kostspieliges) Mindesteinkommen für alle einführen will. Die EU warnte, Spanien werde 2016 die Schulden-Grenze wieder reißen.

"Die Euro-Krise ist zurück. Und die größten Risiken sind die politischen", sagt Holger Sandte, Chefvolkswirt der Nordea-Bank. Die Wahlen 2015 waren erst der Anfang: 2016 folgt Irland, das einst ebenfalls von den Euro-Staaten gerettet werden musste. 2017 stehen dann Wahlen in Deutschland, den Niederlanden und Frankreich an. Frankreichs Präsident Francois Hollande hatte sich unter Verweis auf höhere Sicherheitsausgaben bereits vom Stabilitätspakt verabschiedet. Der rechtsextrem Front National macht Stimmung gegen Europa. "Reformkräfte bekommen Gegenwind, die Fliehkräfte in Europa Zulauf", sagt Sandte.

(anh)
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