Düsseldorf Das 375-Millionen-Euro-Spiel

Düsseldorf · Die Kosten des Titels "Destiny" sind höher als bei einem Hollywood-Film.

Bunt, schrill, laut, actionlastig: Wer Computerspiele nur vom Vorbeigehen kennt, wird den Kopf schütteln und sie möglicherweise als billig, oberflächlich und kindisch empfinden. Doch sie sind längst erwachsen geworden. Und ein Milliarden-Business. Mit der stetig wachsenden Käuferschicht und ihren gestiegenen Erwartungen sind auch die Produktionskosten in die Höhe geschnellt.

Nach einem Bericht der "Los Angeles Times" verdienen die Großen der Filmmusik-Branche wie der Oscar-Preisträger Hans Zimmer (König der Löwen, Inception) bis zu 2000 Dollar für jede Minute Klangkunst, die sie für ein Spiel schreiben. Dazu kommen noch die Musiker bis hin zu Symphonie-Orchestern, die engagiert werden müssen. Die Kosten können so schnell 500 000 US-Dollar und mehr erreichen.

Doch das Engagement der Musiker ist eher kurzfristig. Einige hundert Grafiker, Autoren, Game-Designer, Programmierer und Animationskünstler sitzen mehrere Jahre an einem Top-Titel. Alleine in ihre Arbeit der Entwicklung eines Spiels fließen zwischen 50 Millionen und weit mehr als 100 Millionen Dollar. Darin sind noch keine Lizenz-Gebühren enthalten: Jedes Rennspiel beispielsweise, das reale Autos darstellen möchte, muss sich das von Ferrari, Porsche, Mercedes, Bugatti und Co. genehmigen lassen - und dafür bezahlen.

Figuren im Spiel wirken zudem erst dann real, wenn dahinter echte Schauspieler stehen, deren Mimik und Bewegungen über Computer erfasst werden, um sie dann ins Spiel zu transferieren. Und es sind längst nicht nur unbekannte Künstler, die sich zur Verfügung stellen. Die Spielreihe "Call of Duty" hat für ihren jüngsten Ableger "Advanced Warfare" den Oscar-Preisträger Kevin Spacey verpflichtet.

Die Kosten steigen auf horrende Summen: Im September veröffentlicht das Unternehmen Activision den Titel "Destiny" ("Schicksal"). Es ist eine neue Marke, die derzeit etabliert wird. Das Spiel lädt Menschen weltweit ein, auf einer futuristischen Erde nach einer Katastrophe um die Zukunft der Menschheit zu kämpfen. Online sollen die Spieler dabei kooperieren. Der Vorstandsvorsitzende von Activision, Bobby Kotick, sprach auf einer Konferenz in diesem Jahr davon, dass "Destiny" inklusive Werbung, Vermarktung und Logistik am Ende mehr als 500 Millionen Dollar (375 Millionen Euro) kosten wird. Die Produktion des dritten Fluch-der-Karibik-Films "Am Ende der Welt" gilt mit einem Budget von knapp 340 Millionen Dollar als einer der teuersten Blockbuster der Kinogeschichte.

Die 500-Millionen-Dollar-Marke ist zwar ein Extremwert, aber sie zeigt das finanzielle Risiko, das die Spiele-Industrie mittlerweile bereit ist einzugehen. Die Angst vor grandiosen Misserfolgen führt zu ähnlichen Entwicklungen wie in der Filmwirtschaft: Erfolgreiche Titel werden jedes Jahr oder zumindest alle zwei Jahre fortgesetzt. Veröffentlichungen verschieben sich zudem immer mehr ins vierte Quartal - in der Hoffnung auf das Weihnachtsgeschäft: Die Gamescom im August liegt darum zeitlich perfekt. Mit Blick auf Weihnachten ist es die letzte Chance, die Meinung potenzieller Kunden noch zu beeinflussen und sie für sich zu gewinnen - damit sich Investition in dreistelliger Millionenhöhe bezahlt machen.

(RP)
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