Darf eine Pille 700 Euro kosten?

Das Hepatitis-Medikament Sovaldi kann Patienten erstmals ohne schwere Nebenwirkungen helfen.. Das nutzte Hersteller Gilead schamlos aus. Krankenkassen wehren sich.

Darf eine Pille 700 Euro kosten?
Foto: Phil Ninh

Eine halbe Million Menschen in Deutschland leidet an Hepatitis C. Viele könnten mit Sovaldi behandelt werden, das anders als bisher übliche Medikamente keine schweren Nebenwirkungen hat. Doch das würde die Krankenkassen hierzulande Milliarden kosten. Denn der amerikanische Hersteller Gilead hatte bis vor kurzem 700 Euro verlangt - für eine einzige Pille. Bei einer Therapie über 24 Wochen wurden für einen Patienten 100 000 Euro fällig. Inzwischen haben die Kassen Krach geschlagen und nachverhandelt. Jetzt kostet eine Pille "nur" noch rund 500 Euro. Am grundsätzlichen Problem ändert das aber nichts, zumal die Herstellung einer Sovaldi-Pille laut Branche nur zwei Euro kostet. Was ist der faire Preis?

Über diese Frage haben sich Denker von Aristoteles über Adam Smith bis Karl Marx den Kopf zerbrochen. 1954 formulierte der Ökonom Gerad Debreu die Allgemeine Gleichgewichtstheorie. Danach stellt sich auf einem perfekten Markt langfristig der Preis ein, bei dem sich Angebot und Nachfrage ausgleichen. Moralische Fragen haben hier nichts zu suchen.

Doch das Gesundheitswesen ist kein perfekter Markt, da die Anbieter (Ärzte, Pharmakonzerne) auch ihre Nachfrage schaffen können. Daher greift der Staat regulierend ein. Beim Arzneimarkt gilt: Ein Hersteller, der ein innovatives Medikament entwickelt, darf im ersten Jahr den Preis völlig frei bestimmen. Danach muss er mit den Kassen verhandeln.

Klar ist: Gilead muss mehr als die Herstellkosten bekommen. Nur wenn Pharmahersteller für die Entwicklung und mögliche Rückschläge entschädigt werden und eine Zeit lang Patentschutz genießen, sind sie bereit, zu forschen. Dass Gilead nun nachgegeben hat, zeigt aber auch, welche üppige Marge der amerikanische Konzern zunächst ansetzte. Gilead hat schamlos seine Ausnahmestellung ausgenutzt. 500 Euro werden nicht das letzte Wort bleiben. Bis Konkurrenten die Pille nachahmen dürfen, kommt es auf die Verhandlungsmacht der Kassen an.

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(RP)
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