Stuttgart Daimler-Chef schweigt zu den Kartell-Vorwürfen

Stuttgart · Zetsche ist sauer über den Branchenverband. Der Aufsichtsrat beriet über die Kartell-Vorwürfe.

Daimler-Chef Dieter Zetsche versucht es mit Aussitzen. Er bezeichnete gestern Berichte zum Kartellverdacht gegen deutsche Autohersteller als Spekulation. "In der Tat macht die Autoindustrie derzeit Schlagzeilen, und keine guten", sagte Zetsche in einer Telefonkonferenz zu den Quartalszahlen. Er könne die Wünsche nach mehr Klarheit verstehen. "Aber wir sind gut beraten, uns nicht an Spekulationen zu beteiligen." Laut "Spiegel" sollen sich Daimler, VW, BMW, Porsche und Audi in mehr als 60 Arbeitsgruppen seit den 90er Jahren über Technik, Lieferanten und Märkte abgesprochen haben.

Verärgert äußerte sich Zetsche über den Ruf von Matthias Wissmann, Chef des Branchenverbands VDA, nach einem Kulturwandel hin zu Null-Fehler-Toleranz bei Rechtstreue: "Ich war überrascht über diese Stellungnahme."

Daimler hatte vergangene Woche eine Nachrüstung von drei Millionen Diesel der Schadstoffklassen Euro 5 und Euro 6 angekündigt. Zetsche betonte, die Luft werde damit sauberer als durch Fahrverbote. Von einem Ausstiegsdatum will er nichts wissen. Die Technik werde zur Reduktion von Kohlendioxid gebraucht. "Es lohnt sich, für den Diesel zu kämpfen", betonte Zetsche.

Die Quartalszahlen waren gestern nur Nebensache - und nicht gut. Daimler steigerte trotz starker Pkw-Nachfrage den Gewinn nur leicht. Das Konzernergebnis kletterte um zwei Prozent auf 2,5 Milliarden Euro, der Umsatz legte um sieben Prozent auf 41,1 Milliarden Euro zu. Die Daimler-Aktie gab leicht nach.

Der Aufsichtsrat von Volkswagen hat sich gestern vom Vorstand über den Stand der Kartellvorwürfe informieren lassen. Zu Details äußerte sich der Konzern nicht. Volkswagen arbeite kooperativ und vertrauensvoll mit den Behörden zusammen, hieß es nur. Grundsätzlich gelte, dass es in vielen Fällen erforderlich und nicht zu beanstanden sei, bei neuen Technologien deren Machbarkeit und Standardisierung zu erörtern, teilte Volkswagen mit. Es sei weltweit üblich, dass sich Autohersteller zu technischen Fragen austauschten, um die Innovationsgeschwindigkeit zu steigern.

Die Kartellvorwürfe befeuern auch die Klagen gegen VW. "Die Volkswagen-Aktionäre rufen an und sagen 'jetzt reicht es'", sagte Marc Tüngler von der Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz. Bislang sind in Braunschweig 1400 Schadenersatzklagen anhängig, der Streitwert beläuft sich auf mehr als acht Milliarden Euro. Um Ansprüche im Rahmen des Musterverfahrens anzumelden, haben Anleger noch bis zum 8. September Zeit.

(rtr)
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