Leverkusen Covestro vor dem Aufstieg in den Dax

Leverkusen · Bayer hat weitere 10,4 Prozent der Anteile an seiner früheren Kunststoffsparte abgegeben. Wenn nichts Unvorhergesehenes passiert, wird Covestro ab September im wichtigsten Börsen-Index notiert sein.

Rund 1,8 Milliarden Euro ist das Paket an Covestro-Aktien wert, von dem sich Bayer getrennt hat. Ein Deal, der für die Beteiligten zwei positive Effekte hat. Erstens: Für die Leverkusener liegt der Erlös um mehr als 300 Millionen Euro über dem, was sie sich von der Platzierung versprochen hatten. Das Interesse der Investoren sei stark gewesen, teilte Bayer mit. Am Ende verkauften die beauftragten Banken rund 21 Millionen Aktien zu einem Preis von je 86,25 Euro. Am vergangenen Freitag hatte die Aktie bei 89 Euro ein Rekordhoch erreicht.

Zweitens: Für Covestro, die frühere Kunststoffsparte des Bayer-Konzerns, die 2015 an die Börse gegangen ist, macht der Deal die Tür zur Mitgliedschaft im Deutschen Aktien-Index (Dax) weit auf. Denn der Streubesitz - also der Anteil am gesamten Aktienbestand, der nicht bei Großaktionären liegt - wächst durch den Bayer-Verkauf von 75,2 auf 85,6 Prozent. Und nur er zählt bei der Frage, ob ein Unternehmen die Voraussetzungen erfüllt, um in den Dax aufzusteigen.

Covestro ist am Aktienmarkt einschließlich des noch vorhandenen Bayer-Pakets von 14,2 Prozent knapp 18 Milliarden Euro wert. Zieht man den Anteil der früheren Muttergesellschaft ab, bleibt noch eine Marktkapitalisierung von deutlich mehr als 15 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Der Medienkonzern ProSiebenSat1, der schon seit Längerem als potenzieller Absteiger aus dem Dax gilt, kommt gerade mal auf einen Gesamtbörsenwert von rund 6,6 Milliarden Euro. Und da man davon ausgehen kann, dass viele Fondsmanager, die die Zusammensetzung ihres Portfolios nach dem Bild der Indizes steuern, die Covestro-Aktie vorsorglich kaufen werden, könnte der Kurs nach Einschätzung von Börsianern in den kommenden Monaten weiter steigen - auch wenn ein Teil dieser Fantasie schon im aktuellen Kurs steckt. In den vergangenen drei Monaten hat die Covestro-Aktie ungefähr ein Viertel an Wert gewonnen. Gegenüber dem Ausgabekurs von 24 Euro im Jahr 2015 ist der Kurs um mehr als 250 Prozent gestiegen.

Die offizielle Entscheidung darüber, wer in den Dax rein darf und wer raus muss, fällt im September. Covestro habe Deutsche Wohnen mit der Platzierung als Top-Aufstiegskandidat in den Dax abgelöst, schrieb LBBW-Index-Experte Uwe Streich. Schon in der Januar-Rangliste habe die Ex-Bayer-Tochter nach dem Börsenumsatz (Platz 30) und der Marktkapitalisierung des Streubesitzes (Platz 28) die Kriterien für einen Aufstieg erfüllt. Nach diesen Regeln muss ein Unternehmen beim Börsenumsatz und beim Börsenwert zu den 40 größten gehören. Ist das nicht der Fall und gibt es gleichzeitig ein Unternehmen, das in beiden Kategorien zu den Top 35 gehört, wird im September getauscht. Darüber hinaus gibt es noch Modi, nach denen es auch Auf- und Abstieg im März, Juni oder Dezember gibt. Dazu müssen die Abstiegskandidaten aber in der Bewertung noch deutlich schlechter abschneiden als oben beschrieben, und die Aufstiegsanwärter müssen viel besser sein.

Die Covestro-Aktie hält also vermutlich das, was der noch amtierende Vorstandschef Patrick Thomas im Gespräch mit unserer Redaktion im Juli des vergangenen Jahres angekündigt hat. Seinerzeit hatte Thomas den Covestro-Aufstieg in den Dax für 2018 vorausgesagt.

(RP)
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