Absatzprobleme in der gesamten Branche Brauer bleiben auf Bier sitzen

Düsseldorf · Die Kneipen sind zu, die Feste sind abgesagt: Die Corona-Krise trifft viele Brauer besonders hart. Manche in der Branche leiden aber auch unter den schweren Fehlern der Vergangenheit.

Corona-Krise: Brauer bleiben auf Bier sitzen
Foto: dpa/Roland Weihrauch

Am 23. April, dem Tag des deutschen Bieres, an dem seit dem Jahr 1516 die Geburtsstunde des Reinheitsgebotes begangen wird, lautet die reine Wahrheit: In Zeiten der Corona-Pandemie ist die Lage in der Branche düster. Keine Festivals, keine Großveranstaltungen wie Fußball-Europameisterschaft oder Olympia; Innenstädte, die weitgehend ohne Touristen auskommen müssen, und keine Messen. Das Oktoberfest ist abgeblasen worden, das Gleiche gilt für andere Volksfeste. Im Autokino trinkt in der Regel auch mindestens ein Mitglied der Besatzung kein Bier. Die Kneipen sind ebenso geschlossen wie die Restaurants und Biergärten. Und bei denen, die ihren Durst mit Flaschenbier aus dem Getränkemarkt löschen, sitzt das Geld auch nicht so locker wie in Vor-Krisen-Zeiten, weil sie womöglich selbst in Kurzarbeit sind und Angst um ihren Job haben. „Der Tag des Deutschen Bieres ist dieses Jahr eher ein Tag zum Wehklagen als ein Tag zum Feiern“, sagte der Sprecher des weltgrößten Hopfenhändlers BarthHaas der Agentur dpa.

Die Folgen der Pandemie treffen die Bierbrauer ins Mark. Mehrere Traditionsunternehmen in Deutschland haben schon Kurzarbeit angemeldet, der weltgrößte Bierkonzern Inbev (zu dem Diebels und Hasseröder) gehören, halbiert seine Dividende und kürzt die Vorstands-Boni. Heineken, die weltweite Nummer zwei aus den Niederlanden, hat allein im März 15 Prozent an Absatz verloren. „Einige werden die Krise nicht überleben“ sagt der Bierexperte Hermann Walschebauer. Die besten Überlebenschancen hätten kapitalstarken Unternehmen und jene, die nicht abhängig von der Strategie großer Konzernmütter seien.

Es liegt in der Logik dieser Krise mit den überall geschlossenen Lokalen, dass die Probleme der Anbieter umso größer sind, je größer der Fassbier-Anteil beim Verkauf ist, je mehr sie also auf die Gastronomen angewiesen sind. Bitburger beispielsweise kommt auf einen Anteil von 20 Prozent, Veltins liegt in einer ähnlichen Größenordnung, König gar bei einem Drittel. Zum Vergleich: Krombacher macht gerade einmal elf Prozent seines Bier-Geschäfts mit Fassbier.

Vor allem die Fassbier-Verkäufer sind es auch, die Teile ihres Personals vorübergehend nach Hause schicken müssen. Denn das besteht zum Teil aus Außendienstlern, die sich in der Regel um den Gastronomen als Kunden kümmern. Wenn der aber durch die Krise seiner geschäftlichen Aktivitäten beraubt wird, braucht er zumindest vorübergehend auch keinen Verbindungsmann mehr zum Lieferanten.

Die Corona-Krise verschärft bei den Brauern andererseits „nur“ eine Krise, die es seit Jahren gibt. Der Ausstoß ist kontinuierlich zurückgegangen und mittlerweile auf das Niveau vor der Mauerödffnung vor mehr als 30 Jahren gesunken. Rund 92 Millionen Hektoliter waren es im vergangenen Jahr. Vielfach haben die Produzenten der großen Industriebiere im scharfen Wettbewerb die Preise nach unten getrieben. Der Preisverfall ist teils bedenklich. „Das selbe Bier ist in Deutschland mitunter 20 Cent pro halbem Liter billiger als in Belgien“, sagt Experte Walschebauer, der selbst im Nachbarland lebt. Einige haben nach der Wende in dem Bewusstsein, dass in Ostdeutschland noch viele Biertrinker als Kunden zu gewinnen sein würden, groß aufgerüstet. „Die sitzen jetzt auf Braukapazitäten, die nicht mehr ausgelastet sind“, so Walschebauer. Zudem haben einige immer neue Biermarken dazugekauft, was sich im Nachhinein als Hypothek erweist. Dazu haben die Menschen ihre Lebensgewohnheiten umgestellt. Sie ernähren sich anders, sie wollen fitter sein. Und sie fahren mehr Auto, was den Bierkonsum drückt.

All das ist seit Jahren bekannt. Aber in der Corona-Krise treten die Probleme noch stärker zutage, zumal auch die Ausfuhren die Haupt-Exportländer Italien und USA nicht funktioniert. Der Wegfall der Märkte in den beiden Länder, die weltweit am stärksten von der Corona-Pandemie betroffenen sind, ist nicht zu kompensieren.

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