Warnung vor „weitreichenden Konsequenzen“ Berater der Bundesregierung kritisieren Hilfsprogramm für die Wirtschaft

Berlin · Der Wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums sieht Nachbesserungsbedarf beim Corona-Hilfsprogramm der Bundesregierung für die Wirtschaft. Die Wissenschaftler warnen vor einer Erhöhung des Arbeitslosengelds und vor einem Schuldenüberhang der Unternehmen.

 Auf dem Tisch einer Teilnehmerin liegen im Bundeswirtschaftsministerium zu Beginn einer Konferenz zu den wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus Unterlagen über das Virus bereit.

Auf dem Tisch einer Teilnehmerin liegen im Bundeswirtschaftsministerium zu Beginn einer Konferenz zu den wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus Unterlagen über das Virus bereit.

Foto: dpa/Wolfgang Kumm

Besonders die Anhebung des Arbeitslosengelds und die volle Übernahme der Sozialversicherungsbeiträge verlangsamten notwendige Veränderungen nach der Krise und führten zu "erheblichen Mitnahmeeffekten", kritisierte das Gremium in einem am Dienstag vorgestellten Positionspapier.

Aus Sicht des Beirats ergeben sich aus der vor kurzem beschlossenen Erhöhung des Regelsatzes auf bis zu 87 Prozent des Nettoeinkommens unter anderem „weitreichende und unter Umständen unbeabsichtigte Konsequenzen für die Regelung der Höhe des Arbeitslosengeldes“. Höhere Sätze speziell für Geringverdiener seien dagegen „angesichts der Einmaligkeit der gegenwärtigen Krise“ und für einen befristeten Zeitraum vertretbar und eine Alternative.

„Die Pandemie macht uns alle ärmer, sodass es in Zukunft weniger zu verteilen gibt“, heißt es in dem Papier weiter. Die Wissenschaftler warnten davor, „dass am Ende der Krise viele Unternehmen an einem Schuldenüberhang leiden, der ihre weitere Entwicklung belastet oder sie in die Insolvenz treibt“. Um das zu vermeiden, sei ein Programm zur Entschuldung nötig – etwa „durch Umwandlung von Liquiditätskrediten in Zuschüsse“.

Mit Blick auf den Hilfsfonds für größere Unternehmen forderte das Gremium klarere Kriterien: „Das Ziel 'technische Souveränität' darf nicht missbraucht werden, um 'nationale Champions' zu schaffen und vor dem Wettbewerb zu schützen.“ Der Staat müsse außerdem selektieren können, welche Unternehmen förderbedürftig sind, um keine Präzedenzfälle zu schaffen und eine „ungewollte Eigendynamik“ zu vermeiden.

Für zu restriktiv hält der Beirat dagegen die Soforthilfe für Inhaber kleiner Unternehmen. Neben staatlichen Zuschüssen für laufende Betriebskosten sollte „für einen gewissen Einkommensersatz gesorgt werden, und dies unabhängig von der Grundsicherung“, forderten die Wissenschaftler.

Das von der Bundesregierung angekündigte Konjunkturprogramm schließlich solle auf Klimaschutz und Digitalisierung ausgerichtet sein. „Abzuraten“ sei „von weitergehenden Versuchen einer aktiven Industriepolitik zur Erhaltung einer politisch gewollten Wertschöpfungstiefe“. Insbesondere mit Blick auf die Digitalisierung „hat die Pandemie in vielen Fällen Effizienzsteigerungen ermöglicht“, in der öffentlichen Verwaltung aber „Mängel auf verschiedenen Ebenen aufgedeckt“. Diese sollten nun „mit großem Nachdruck“ beseitigt werden.

(c-st/AFP)
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