Frankfurt/Main Commerzbank stoppt Schiffsfinanzierung endgültig

Frankfurt/Main · Das Geldhaus hat die Lizenz für das Geschäft mit Schiffspfandbriefen zurückgegeben. Die Branche steckt in der Krise.

Einen Tag nach Bekanntwerden der Insolvenz der Traditions-Reederei Rickmers reagiert auch die Commerzbank auf die Schifffahrtskrise. Sie treibt den Ausstieg aus der verlustreichen Finanzierung von Schiffen voran: Das Frankfurter Geldhaus hat die Lizenz für das Geschäft mit Schiffspfandbriefen zurückgegeben. "Die Commerzbank hat seit nunmehr sechs Jahren keine Schiffspfandbriefe mehr begeben und beabsichtigt auch nicht, das Schiffspfandbriefgeschäft in Zukunft wieder aufzunehmen", teilte die Bank gestern mit.

Schiffspfandbriefe sind Wertpapiere, die als Sicherheit mit Schiffskrediten hinterlegt wurden. Die Commerzbank baut jedoch seit 2012 ihr Kreditportfolio bei Schiffen ab - damals standen rund 20 Milliarden Euro in den Büchern, zuletzt waren es 4,5 Milliarden Euro. Um den Abbau weiter vorantreiben zu können, werden nun die Schiffspfandbriefe ersatzweise vor allem mit Staatsanleihen abgesichert. Eine entsprechende Ausnahmegenehmigung sei von der Finanzaufsicht Bafin erteilt worden, hieß es. Noch im laufenden Jahr solle davon Gebrauch gemacht werden.

Überkapazitäten und kaum mehr auskömmliche Frachtraten haben in den vergangenen Jahren vielen Reedereien zugesetzt - sie können entsprechend ihre Kredite nicht mehr bedienen. Der Commerzbank-Vorstand rechnet damit, alleine in diesem Jahr für faule Kredite zwischen 450 und 600 Millionen Euro zurücklegen zu müssen.

Nachdem die HSH Nordbank die Zustimmung zum Sanierungskonzept verweigert und den Geldhahn zugedreht hatte, musste gestern die Hamburger Reederei Rickmers Insolvenz anmelden. Der Vorstand will das Unternehmen nun in Eigenverwaltung sanieren und den Geschäfts- und Schiffsbetrieb mit einem vom Gericht zu bestellenden Aufpasser an der Seite aufrechterhalten. Mehr als 2000 Mitarbeiter bangen um ihre Jobs. Die Reederei, deren Wurzeln auf das Jahr 1834 zurückgehen, verbuchte zuletzt einen Verlust von 341 Millionen Euro, die Schulden lagen bei rund 1,5 Milliarden Euro aus.

Rickmers, der zuletzt 114 Schiffe betrieb, ist die zweite große Pleite seit dem Aus der südkoreanischen Containerrederei Hanjin im vergangenen Herbst. "Da fällt jetzt wieder ein Dominostein um", sagte Thomas Wybierek, Schifffahrtsanalyst der NordLB. Die Schifffahrt steckt im neunten Jahr in der Krise. Ihr machen Überkapazitäten und sinkende Frachtpreise zu schaffen. Rickmers vermietet als Charterreederei Schiffe an große Containerlinien wie den Weltmarktführer Maersk aus Dänemark, CMA CMG aus Frankreich, MSC mit Sitz in der Schweiz und Yang Ming aus Taiwan. Diese setzen immer größere Containerschiffe ein und schließen sich zu Allianzen zusammen, um die Kosten zu senken. Kleinere Reedereien wie Rickmers haben das Nachsehen.

(dpa/rtr)
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