Frankfurt/M. Commerzbank-Gewinn bricht ein

Frankfurt/M. · Ganze sechs Millionen Euro hat die Bank 2012 verdient. Der Umbau des Unternehmens verschlingt viel Geld. Konzernchef Martin Blessing bittet die Aktionäre um Geduld – und verzichtet als symbolische Geste auf seinen Bonus.

Als Commerzbank-Aktionär braucht man einen langen Atem. Seit Mitte 2007, als die Aktie noch fast 40 Euro wert war, ist der Kurs des Papiers – von kurzen zwischenzeitlichen Erholungsphasen abgesehen – bis auf 1,50 Euro nach unten gerauscht. Eine Dividende für das vergangene Jahr bekommen sie ebensowenig wie in den vier Jahren zuvor. Und eine wirklich durchgreifende Wende zum Besseren erwartet Konzernchef Martin Blessing in nächster Zukunft auch noch nicht. "Unser Ziel ist das Jahr 2016", sagte Blessing bei der Bilanzvorlage. Man wolle keine Schnellschüsse, sondern die Bank nachhaltig erfolgreich machen.

2012 war ernüchternd. Ganze sechs Millionen Euro Gewinn sind geblieben. Das heißt: minus 99 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das letzte Quartal brachte einen Verlust von mehr als 700 Millionen Euro. Der größte Ballast ist immer noch das vor der Abwicklung stehende Immobilien- und Schiffsfinanzierungs-Geschäft, das allein 1,5 Milliarden Euro Verlust machte.

Der Weg zurück nach oben wird hart. Wie die Commerzbank in die Erfolgsspur zurückfinden soll, daran hat Blessing keinen Zweifel gelassen. Investiert wird vor allem da, wo die Führung Wachstumschancen sieht, und das ist vor allem im Kreditgeschäft mit mittelständischen Firmenkunden der Fall. Dagegen kränkelt das Privatkundengeschäft so sehr, dass hier vermutlich allein die Hälfte des angekündigten Abbaus von 4000 bis 6000 Arbeitsplätzen stattfindet. Das Problem der Sparte ist weiß Gott nicht nur das niedrige Zinsniveau, das die Sparer vergrault. Auch der verstärkte Trend zum Online-Banking – da wird die Bank dann auch investieren – macht das klassische Filialgeschäft immer schwieriger. Die Direktbank-Tochter Comdirect trägt mittlerweile ein Drittel zum Gewinn im Privatkundengeschäft bei, der binnen eines Jahres um fast 50 Prozent geschrumpft ist, im letzten Quartal des vergangenen Jahres sogar um mehr als drei Viertel. Einfacher ausgedrückt: An jedem ihrer elf Millionen Privatkunden verdiente die Commerzbank im vergangenen Jahr nur etwas mehr als 22 Euro.

Der Handlungsbedarf ist also nicht zu übersehen. Deshalb ist mit dem Abbau Tausender Stellen im Privatkundengeschäft auch eine gravierende Veränderung in Zweigstellen verbunden. Zwar will die Commerzbank nach eigenen Angaben keine Filialen schließen, aber es könnte so manche umgewidmet werden in ein Spezialhaus, in dem der Kunde Aktien, Anleihen und andere Wertpapiere kaufen oder einen Baukredit aufnehmen kann. Das setzt allerdings möglicherweise auch andere Arbeitszeiten voraus, und auch darüber wird mit dem Betriebsrat verhandelt – genauso wie über die Modalitäten des Stellenabbaus, also Vorruhestandsregelungen, Abfindungen und anderes mehr. Für den Jobabbau sind rund 500 Millionen Euro veranschlagt.

Das sind düstere Perspektiven für die Commerzbank-Belegschaft. Wenigstens hat der Vorstandssprecher auch ein kleines Signal in eigener Sache gesetzt. Zwar darf Martin Blessing jetzt wieder mehr als die 500 000 Euro verdienen, auf die er wegen der immensen Staatshilfe in Krisenzeiten beschränkt war. Doch er verzichtet freiwillig auf seinen Bonus für das vergangene Jahr. "Alles andere wäre aber auch ein Schlag ins Gesicht der Beschäftigten gewesen", heißt es aus Unternehmenskreisen. Und vielleicht, so mutmaßen manche, habe auch der Bund, der in der Finanzkrise Milliarden in die Bank pumpte und seither 25 Prozent der Anteile hält, Wert auf den Boni-Verzicht des Spitzenmanagers gelegt.

Andererseits werden sich manche trotzdem ärgern, weil Blessings Grundgehalt wieder auf 1,3 Millionen Euro gestiegen ist, nachdem die Commerzbank etwa 14,5 Milliarden der 16 Milliarden Euro starken stillen Einlage des Bundes zurückgezahlt hat. Auf den Rest kassiert der Bund immerhin erstmals Zinsen, und zwar 150 Millionen Euro.

(RP)
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