Düsseldorf Clan kämpft um Schmolz+Bickenbach

Düsseldorf · Über vier Generationen hat die Storm-Familie den Düsseldorfer Konzern geführt – jetzt steht ihre Entmachtung bevor. In einem erbitterten Streit um veruntreute Gelder und luxuriöse Jagden wendet sich das Blatt gegen die Gründer.

Zwei Wochen vor der alles entscheidenden Generalversammlung zeichnet sich ab: Der Düsseldorfer Familienunternehmer Michael Storm (62) wird die Macht über Schmolz+Bickenbach abgeben müssen. Der Düsseldorfer Clan hat das Unternehmen 1919 gemeinsam mit der Familie Bickenbach gegründet, über vier Generationen geführt und vom größten deutschen Stahlhändler zu einem der bedeutendsten Stahlproduzenten in ganz Europa ausgebaut.

In einem erbitterten Streit der Eigentümer stellt sich jetzt der weltweit führende Aktionärs- und Stimmrechts-Berater ISS voll auf die Seite des Verwaltungsrates und damit gegen den von Storm geführten Hauptaktionär, die Düsseldorfer Schmolz+Bickenbach KG (S+B KG), in der die Gründer-Clans ihr Vermögen verwalten: Die ISS-Berater, deren teuer bezahlten Empfehlungen große Anleger fast immer folgen, lehnen sämtliche Anträge der KG für die Generalversammlung ab. Folgt das Aktionärstreffen diesem Rat wie erwartet, wird Storm in seinem eigenen Unternehmen zu einem gewöhnlichen Aktionär degradiert und sein Plan ist gescheitert: Storm will den Verwaltungsrat wieder über eigene Vertrauensleute dominieren und zur Konzernrettung den viert-reichsten russischen Oligarchen Viktor Vekselberg (Vermögen: elf Milliarden Euro) an Bord holen.

Die mächtige ISS gibt damit das Ende eines Alpen-Krimis vor, der die Branche in Deutschland und in der Schweiz seit gut zwei Jahren in Atem hält. Am Anfang stand die beispiellose Karriere des Düsseldorfer Mittelständlers Schmolz+Bickenbach, der unter Storm mit dem rasanten Zukauf von Stahlproduzenten (Edelstahlwerke Witten-Krefeld, Ugitech, Swiss Steel und andere ) zu einem der bedeutendsten europäischen Stahlhersteller aufstieg. Nach der spektakulären Übernahme der börsennotierten Swiss Steel bündelte Storm den größten Teil seiner Geschäfte bei den Schweizern und benannte sie in die "Schmolz+Bickenbach AG" (S+B AG) um. Als deren beherrschender Aktionär mit damals noch 70 Prozent führte er auch den Verwaltungsrat der AG an, der einem deutschen Aufsichtsrat entspricht.

Den Posten musste Storm Ende 2011 räumen, als ihm die Veruntreuung von 1,5 Millionen Euro Firmengeldern nachgewiesen wurde. Storm versprach, das Geld zurückzuzahlen, was bis heute nicht geschah. Später verklagte die AG den früheren Patriarchen auf die Zahlung von über zehn Millionen Euro, unter anderem im Zusammenhang mit teuren Jagdausflügen und Investitionen in Jagdreviere auf Firmenkosten, bei denen sogar eine eigene Seilbahn aufgebaut worden sein soll – laut Storm mit Wissen und Genehmigung des Unternehmens. Der Ausgang des Rechtsstreits ist offen.

Währenddessen geriet die S+B AG in eine immer gefährlichere Schieflage: Storm hatte seine Zukäufe zum großen Teil über Kredite finanziert und geriet 2008 in den Sog der Finanzkrise. Die AG brauchte 2010 dringend frisches Geld, bei einer Kapitalerhöhung schrumpfte der von Storm kontrollierte KG-Anteil am Konzern von 70 auf 40 Prozent.

Nach einem Verlust von 158 Millionen Euro im vergangenen Jahr und einem auf inzwischen 930 Millionen Euro angewachsenen Schuldenberg steht jetzt eine weitere Kapitalerhöhung an. Vekselberg hat Storm zugesagt, einzuspringen. Voraussetzung: Der Konzern gibt neue Aktien im Wert von 350 Millionen Euro aus. Bei dieser Variante würde Storm an der Seite von Vekselberg weiterhin 40 Prozent der AG kontrollieren und hätte gute Chancen, den aktuellen Verwaltungsrat zu stürzen. Der stemmt sich dagegen mit einem Plan für eine deutlich kleinere Kapitalerhöhung und alternativen Investoren. Dann würde Storms Anteil erneut sinken und die Gründerfamilie hätte ihren Einfluss auf die AG so gut wie verloren. Neben der ISS hat der Verwaltungsrat auch die Banken auf seiner Seite. Die Aktionärsversammlung entscheidet am 28. Juni.

(RP)
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