Nachfolger von Florian Nöll Christian Miele soll Bundesverband Deutsche Start-ups leiten

Berlin · Nach sieben Jahren gibt Florian Nöll im November den Vorsitz beim Bundesverband Deutsche Start-ups ab. Nun will der Vorstand den Mitgliedern den Investor Christian Miele als Nachfolger vorschlagen.

 Christian Miele bewirbt sich um den Vorsitz beim Bundesverband Deutsche Start-ups.

Christian Miele bewirbt sich um den Vorsitz beim Bundesverband Deutsche Start-ups.

Foto: Eventures

Stabswechsel beim wichtigsten Lobbyverband der jungen Digitalwirtschaft. Der neue Vorsitzende des Bundesverbands Deutsche Startups soll der Wagniskapitalunternehmer Christian Miele werden, Spross des gleichnamigen traditionsreichen Haushaltsgeräte-Familienunternehmens. Das beschloss der Vorstand am Freitag auf seiner Sitzung. Miele will sich demnach im November den Mitgliedern zur Wahl stellen, da der bisherige Chef Florian Nöll den Verband nach sieben Jahren verlässt.

Christian Miele trägt einen berühmten Namen, hat aber nur ein Jahr lang in Gütersloh gelebt (ironischerweise in der Carl-Miele-Straße) und nie für den Haushaltsgeräte-Hersteller gearbeitet. Stattdessen ist er früh seinen Weg in der Digitalszene gegangen.

Seit 2015 ist der 31-Jährige Partner der Beteiligungsgesellschaft Eventures in Berlin. Vor seinem Einstieg bei Eventures war Miele für das Wachstum der Online-Kreditvermittlungsplattform Kreditech zuständig – und kennt damit das Geschäft der jungen digitalen Wirtschaft in all seinen Höhen und Tiefen.

Angefangen als Venture-Capital-Experte bei der Bertelsmann AG, für die er in Indien erfolgreich einen Fonds aufbaute, stieg er später zu einer Art Koordinator für das Ausrollen der Geschäftsideen auf dem Weltmarkt beim Online-Pionier Rocket Internet auf. Seine 2013 gegründete Ticketplattorm Todaytickets schaffte allerdings nicht den erhofften Durchbruch, sie wurde 2015 an einen spanischen Wettbewerber verkauft. Aber das gehört eben zum digitalen Gründergeist dazu.

Auf die Frage nach seinem besten Investment, sagt Miele heute nur: „Meine Familie und Freunde.“ Das in der Start-up-Szene dominante Sendungsbewusstsein findet man bei ihm eher nicht, der Start-up-Unternehmer poltert und polarisiert nicht, lieber vernetzt er im Hintergrund die einflussreichen und vermögenden Familienunternehmer mit ambitionierten und innovativen Start-ups. Und so überlegte er zunächst genau, als Florian Nöll ihn fragte, ob er sich das Amt vorstellen könnte. Vor einer Woche sagte Miele dann zu – aus der Überzeugung, dass der Einsatz unerlässlich ist: „Wir müssen alle aufstehen und uns für die Gründerszene einbringen, weil Sitzenbleiben keine Option mehr ist.“

Dabei hat Miele einen entscheidenden Vorteil: Er kennt die Strukturen und Befindlichkeiten der „alten Wirtschaft“ besser als manch andere Digital-Botschafter. Regelmäßig tauscht er sich mit seinem Onkel Markus Miele aus, der heute das Gütersloher Unternehmen leitet (“Der macht das super“). Und bei Eventures investieren inzwischen auch viele Familienunternehmen wie Oetker, Porsche, Haniel und die Otto Gruppe.

„Das ist eine Herzensangelegenheit von mir“, sagt Christian Miele: „Es gibt so viel Potenzial – und keine Alternativen, wenn wir langfristig erfolgreich bleiben wollen. Ich werde auf jeden Fall versuchen, diese Entwicklung weiterzutreiben.“ In der Vernetzung der jungen Digitalszene mit den leistungsstarken, aber in der Digitalstrategie noch zurückhaltenden Familienunternehmern liegt auch aus Sicht von Tobias Kollmann, Professor für E-Entrepreneurship an der Universität Duisburg-Essen und Mitgründer des Bundesverbands, großes Potenzial. Christian Miele könne dabei helfen, ist Kollmann überzeugt: „Mit so einem Namen und so einer Herkunft ergeben sich neue Chancen als Brückerbauer. Aus dem Schulterschluss von Start-ups und Industrie kann sich viel entwickeln.“

Gleichzeitig verlässt aus Kollmanns Sicht mit Florian Nöll allerdings auch ein Vorsitzender den Verband, der maßgeblich dazu beigetragen hat, ihn als Stimme der Start-ups zu etablieren. Kollmann erinnert sich noch gut an die Gründungssitzung des Verbands in der Kölsch-Kneipe Ständige Vertretung in Berlin. „Damals hätte sich keiner von uns ansatzweise vorstellen können, was daraus mal wird“, so Kollmann: „Das ist sicherlich ein Verdienst von Florian Nöll, der geschickt politische Kontakte geknüpft hat.“ NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) hebt auch Nölls Einsatz für Nordrhein-Westfalen hervor: „Unter ihm fiel die Entscheidung, mit NRWalley einen eigenen Regionalverband zu gründen, der für uns zu einem sehr wichtigen Partner bei der Entwicklung der Start-up-Szene geworden ist.“ Christian Miele weiß um die Verdienste seines Vorgängers und sagt anerkennend: „Florian Nöll hinterlässt große Fußstapfen.“

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