Zeigen die Strafzölle Wirkung? Was hinter Chinas Wachstumsschwäche steckt

Frankfurt · China verzeichnet das schwächste Wachstum seit der Finanzkrise. Offenbar beginnt der Handelsstreit mit den USA seine Spuren zu hinterlassen. Allerdings ist das Gros der Strafzölle zwischen den USA und China erst kürzlich in Kraft getreten.

 Eine Chinesin beobachtet den Börsenkursverfall.

Eine Chinesin beobachtet den Börsenkursverfall.

Foto: AP/Ng Han Guan

Die gute Nachricht für die chinesische Wirtschaft: Das Wachstum hat nur leicht nachgelassen auf 6,5 Prozent. Ein Wert übrigens, von dem die meisten Länder der übrigen Welt nur träumen können. Für China allerdings gelten andere Maßstäbe. Das Land hat sich mit über lange Zeiträume zweistelligen Wachstumsraten zur wichtigsten Lokomotive für die Weltwirtschaft empor geschwungen.

Die schlechte Nachricht lautet: der Rückgang könnte erst der Anfang der Bremsung sein. Denn die USA und China haben sich im Laufe des von den USA ausgehenden Handelskrieges mit Strafzöllen überzogen. Importe aus China im Volumen von 250 Milliarden Dollar sind mit Sonderabgaben bei der Einfuhr in die USA belegt. Diese Zölle allerdings gelten erst seit einigen Wochen, sind deswegen nur zu einem geringen Teil in das vergangene Quartal eingeflossen. „Was wir bisher an Verlangsamung sehen, ist ganz klar auf den Umbau der Wirtschaft in China zurückzuführen“, sagt Janis Hübner, Experte für Schwellenländer bei der Deka-Bank. „Die Folgen des Handelskonfliktes werden wir in den nächsten Quartalen sehen“.

Die Regierung in Peking steuert ihre Wirtschaft derzeit um: Weg von einer überwiegend exportorientierten, hin zu einer nachhaltigeren und stabileren Wirtschaft, die vermehrt gestärkt wird durch Binnenwirtschaft und inländischen Konsum. Allerdings führt das auch tendenziell zu niedrigeren Wachstumsraten. Kommen in Zukunft durch Strafzölle gedämpfte Exportchancen hinzu, kann sich das Wachstum Chinas noch weiter abschwächen.

Das wiederum versucht Peking wiederum durch die Förderung der inländischen Nachfrage auszugleichen, doch hier sind Chinas Regierung Grenzen gesetzt: Die Schulden dürfen nämlich nicht aus dem Ruder laufen. Mit rund 30 Billionen Dollar sitzt China auf dem zweithöchsten Schuldenberg der Welt. Vor allem die Schulden vieler Unternehmen sind exorbitant, verbunden mit der Gefahr, dass es sich zum Teil um staatliche Unternehmen handelt, die durch staatliche Subventionen am Leben gehalten werden. Profitabilität heißt dort nicht zwangsläufig die Devise.

Jedenfalls kann man aber auch positiv zu Gute halten, dass Peking in den vergangenen Quartalen regelmäßig und ziemlich genau seine Wachstumsprognosen eingehalten hat. Sollten das Wachstum in den kommenden Quartalen aber stark nach unten abweisen, dürften bei vielen Ökonomen die Alarmglocken schrillen. Denn als Lokomotive der Weltwirtschaft spielt es eben bildlich gesprochen eine erhebliche Rolle, wenn in China ein Sack Reis umfällt – das könnte zu ungemütlichen Domino-Effekten führen.

Beruhigenderweise bleiben Peking noch Mittel, um unliebsamen Entwicklungen etwas entgegen zu setzen. So sind beispielsweise die Zinsen gesenkt worden. „Was man aber nicht sieht, ist, dass die Kreditvergabe schon deutlich gestiegen wäre“, meint Janis Hübner. „Das heißt: Die feuern noch nicht aus allen Rohren und haben noch Potential in dem, was sie tun könnte“.

Anleger in China allerdings haben zum Wochenschluss kalte Füße bekommen und haben Aktien verkauft – in Shanghai ist der Aktienindex auf den tiefsten Stand seit vier Jahren gefallen. Um die Lage zu beruhigen haben sich Chinas Notenbank und Börsenaufsicht in einer ungewöhnlichen Aktion zu Wort gemeldet. Angesichts der Tatsache, dass Chinas Aktienmärkte in diesem Jahr zu den schwächsten weltweit zählen, ist das verständlich. Beruhigend, ist es nicht.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort