Düsseldorf China weckt Furcht vor Währungskrieg

Düsseldorf · Peking hat die Landeswährung Yuan erneut abgewertet. Das setzt andere Länder unter Druck.

Die Börse ist der am schnellsten sichtbare Gradmesser dafür, welche Gefahren für Autobauer die aktuellen Turbulenzen in China heraufbeschwören könnten. Die erneute Herabsetzung der Landeswährung Yuan hat gestern kräftig auf die Kurse von VW (minus 3,3 Prozent) Daimler (minus 4,8) und BMW (minus 3,7 Prozent) gedrückt.

Das Problem der Autobauer ist indes weniger die Produktion in China als der Export von Autos dorthin. Die Abwertung des Yuan führt dazu, dass der in Euro umgerechnete Umsatz zurückgeht, und das ist nur dann nicht so schlimm, wenn gleichzeitig die Produktionskosten sinken. Das tun sie aber nur an den Fertigungsstandorten vor Ort. Jedes aus Deutschland nach China exportierte Auto dagegen wird für die Chinesen teurer. Aber: "Bis jetzt hat der Yuan um 3,5 Prozent abgewertet. Wird das wirklich zum Problem für Käufer, die sich einen Mercedes, BMW oder Audi leisten können", fragt Holger Fahrinkrug, Chefvolkswirt des Vermögensverwalters Meriten Investment. Das relativiert ein bisschen die Schwierigkeiten der Autokonzerne. Dennoch haben sich deren Aktien gestern in eine Liste von Verlierern eingereiht, in der Mehrzahl natürlich exportorientierte Unternehmen, beispielsweise aus der Chemie, dem Maschinenbau oder der Luxusgüterbranche. Am Ende fiel der Deutsche Aktien-Index (Dax) um mehr als drei Prozent auf 10 924 Punkte.

Was ungeachtet des Aktienabsturzes stärker zu wiegen scheint als die Absatzsorgen deutscher Autobauer, ist die Angst vor einem globalen Währungskrieg, die die Chinesen mit zwei Yuan-Abwertungen an zwei Tagen ausgelöst haben. Die Regierung in Peking versucht damit, die Abkühlung der heimischen Wirtschaft zu bekämpfen, aber sie alarmiert auch den Rest der Welt. Denn Chinas Wirtschaft wächst zwar immer noch mit einer Rate von jenseits der fünf Prozent, aber keiner weiß, wie schnell sich das Wachstum im Land des Export-Weltmeisters abschwächen könnte. Auf diese Perspektive hat die Währung ohnehin schon mit Kursverlusten reagiert, und nun verstärkt sich durch die staatliche Intervention in Peking die Sorge der anderen.

Woher die Furcht kommt, ist offensichtlich: Jeder, der seine eigene Währung abwertet, erhöht damit die Exportchancen der Unternehmen im eigenen Land. Die Vietnamesen haben gestern bereits auf die Maßnahmen des großen Nachbarn im Norden reagiert und den Kurs der Landes währung Dong nach unten korrigiert. Andere Länder in der Region könnten die nächsten sein, es droht womöglich eine Abwertungsspirale. "Wichtig ist, dass es jetzt nicht zu einem globalen Wettlauf um die schwächste Währung kommt, bei dem am Ende alle verlieren", sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben, Auch Fahrinkrug mag das nicht ausschließen: "Das Risiko eines Währungskrieges besteht schon, aber es ist derzeit begrenzt. Wir müssen sehen, wie die nächsten Schritte in China aussehen."

Am Ende, so mutmaßt mancher Analyst, könnte sogar die US-amerikanische Notenbank Fed ins Grübeln darüber geraten, ob sie die für den Herbst erwartete Anhebung der Leitzinsen nicht doch besser verschieben sollte. Warum das? Eine Anhebung der Zinsen führt zur Verteuerung von Krediten und nimmt den Unternehmen somit die Lust an Investitionen - ausgerechnet in einer Phase, wo jene, die Waren nach Südostasien exportieren, ohnehin genug Probleme haben könnten.

Die große Sorge: Die Abwertung des Yuan könnte dazu führen, dass US-Konzerne ihre Preise senken müssten, um im Wettbewerb bestehen zu können. Manche sehen schon wieder Deflationsgefahren. Die Konsequenzen, die in solchen Fällen drohen: Kunden verschieben in der Hoffnung auf noch weitere fallende Preise ihre Anschaffungen, Unternehmen investieren nicht mehr und bauen Arbeitsplätze ab. Das ist zunächst nur ein Horror-Szenario, aber das reicht US-Wahlkämpfern wie dem Republikaner Donald Trump als Anlass für markige Ansagen an Peking: "Sie zerstören uns", hat Trump gesagt.

Auch hier ist Meriten-Volkswirt Fahrinkrug weniger skeptisch: "Noch glaube ich nicht, dass die Amerikaner auf die Leitzinsanhebung verzichten werden", sagt er. Die Daten am Arbeitsmarkt lieferten derzeit keinen Anlass, die Zinsen nicht zu erhöhen, sagt er. Auch Holger Sandte, Chefvolkswirt bei Nordea, mag noch nicht an die große Krise glauben: "Ich denke, dass China die Währung moderat weiter absacken lässt. Ob man das Währungskrieg nennt, ist Geschmackssache, mir ist das zu martialisch." Auch Sandte glaubt an den Zinsschritt in Amerika - "im September oder sonst im Dezember, weil der Arbeitsmarkt etwas weniger Rückenwind seitens der Geldpolitik rechtfertigt". Die Fed dürfte aber vorsichtig vorgehen und die Zinsen über die nächsten Quartale nur sachte anheben, meint er.

(RP)
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