Bundesrechnungshof kritisiert Eine Ultraschall-Radwaschanlage für 15.000 Euro

Berlin · Teure Rüstungsprojekte, zu wenig Betriebsprüfungen, doppelte Förderungen: Der Bundesrechnungshof kritisiert in seinem neuen Bericht Steuerverschwendung. Und die Mängelliste der Finanzexperten ist lang.

 Kay Scheller, Präsident des Bundesrechnungshofes, stellte am Dienstag in der Bundespressekonferenz seinen Jahresbericht vor.

Kay Scheller, Präsident des Bundesrechnungshofes, stellte am Dienstag in der Bundespressekonferenz seinen Jahresbericht vor.

Foto: dpa/Wolfgang Kumm

Da gibt es eine Autowerkstatt in Bonn, die das Bundesverkehrsministerium für „ministerielle Aufgaben“ betreibt. Eine mit Ultraschall-Radwaschanlage wurde für 15.000 Euro angeschafft, eine Achsmessanlage für 45.000 Euro. 17 Hauptuntersuchungen finden dort durchschnittlich statt – pro Jahr. Der Bundesrechnungshof fand in den Büchern kaum Reparaturaufträge und fordert seit 2009 die Schließung. Das Verkehrsressort hält die Werkstatt jedoch für wirtschaftlich.

Solche Beispiele finden sich im neuen Bericht des Bundesrechnungshofes für das Haushaltsjahr 2017, allerdings sind sie eher die Ausnahme. Denn in Abgrenzung zum Steuerzahlerbund und dessen auf Absurditäten gerichteten Schwarzbuchs kritisiert der Bundesrechnungshof vor allem strukturelle Versäumnisse der Verwaltung, die teils zu Einnahmeausfällen in Milliardenhöhe führen. Und die Experten zeigen stets auf, weswegen es aus ihrer Sicht zu den Mängeln kam. Die Chance für den Bund: Es künftig besser machen zu können, auch wenn es dafür – anders als im Fall der Bonner Autowerkstatt – Einsichtigkeit braucht.

In seinen diesjährigen Bemerkungen prangerte Rechnungshofpräsident Kay Scheller besonders die Unkenntnis vieler Finanzbeamter in den Ländern an. So habe zwar der Ankauf sogenannter „Steuer-CDs“ zu Steuernachzahlungen in Milliardenhöhe geführt. Allerdings trieben die Finanzämter nur die hinterzogenen Steuern plus Zinsen ein. Laut Rechnungshof hätten aber auch auf die eigentlich fälligen Steuer-Vorauszahlungen Zinsen verlangt werden müssen. Das allerdings sei vielen Beamten nicht bekannt gewesen, den Ausfall beziffert der Rechnungshof auf eine satte Milliarde Euro seit 2010.

An anderer Stelle nehmen die Autoren die Zollfahndung ins Visier. Sie bemängeln, dass diese zwar sechs Jahre lang banden- und gewerbsmäßige Steuerhinterziehung bei der Einfuhr von Waren aus Asien ermittelt habe. Für die anschließende Erhebung von Zöllen und Einfuhrumsatzsteuern in Hunderten Fällen sei jedoch nur ein einziger Zollbeamter zuständig gewesen, der Jahre dafür gebraucht hätte. So seien dem Fiskus rund 30 Millionen Euro entgangen, heißt es im Bericht. Schlecht sei auch, dass deutsche Unternehmen nur alle 71 Jahre mit einer Betriebsprüfung rechnen müssten.

Noch gravierender schlägt der Verzicht auf Stromsteuern zu Buche. So habe der Bund einerseits Betreibern kleiner Kraftwerke eine Förderung gezahlt und sie andererseits von der Stromsteuer befreit. Diese Doppelförderung ist aber laut Rechnungshof seit 2009 verboten, was wiederum dem Finanzministerium bis 2015 nicht aufgefallen sei. 95 Millionen Euro Steuern seien nun bereits verjährt und auf den Rest habe das Ministerium verzichtet, um Auseinandersetzungen mit der Strombranche zu vermeiden. Gesamtschaden: 185 Millionen Euro.

Ein immer wiederkehrendes Problem sehen die Autoren des Berichts in einer mangelnden Vernetzung staatlicher Behörden. Weil Daten nicht abgeglichen werden, entstehen hohe Schäden. Beispiel Agrar-Subventionen: Wenn Landwirte von der EU Subventionen erhalten, müssen diese versteuert werden. Doch die Subventionen müssen bei den Landwirtschaftsämtern beantragt werden, die wiederum die Finanzbehörden darüber nicht informierten. So stellte der Rechnungshof fest, dass jeder zehnte subventionierte Betrieb den Finanzämtern nicht bekannt war.

Die Mängelliste lässt sich beliebig fortsetzen, der Bericht umfasst mehr als 300 Seiten. Immer wieder kritisieren die Experten aber auch einzelne Investitionen des Bundes, etwa für die Bundeswehr. So plant das Verteidigungsministerium laut Prüfern den Kauf von 240 Krankenwagen für das Inland. Weil die Fahrzeuge aber nicht für Gefechtssituationen geeignet wären und somit nur bestimmten strategischen Aufgaben genügen, hält der Rechnungshof nach eingängiger Prüfung 200 für völlig ausreichend. Das Einsparpotential liegt den Angaben zufolge bei 52 Millionen Euro.

Insgesamt habe er konkrete Vorschläge zu einem Finanzvolumen von zehn Milliarden Euro gemacht, sagte Rechnungshofpräsident Kay Scheller am Dienstag in Berlin. Er rief den Bund dazu auf, diverse Fördertöpfe zu prüfen und trotz sprudelnder Steuereinnahmen auch Einschnitte bei den Ausgaben vorzunehmen. Das fehle derzeit komplett, so Scheller. Zugleich sieht der Bericht Möglichkeiten für Bundeszuschüsse bei der Pflege. Die Kritik: Der Eigenanteil für die Unterbringung in Pflegeheimen liege in Nordrhein-Westfalen  teils bei über 2300 Euro. Ein Bundeszuschuss sei daher „durchaus überlegenswert“.

(jd)
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