Bundesbank warnt Griechen

Bundesbankpräsident Jens Weidmann drängt Athen auf eine Fortführung des Sparkurses. Heute müssen die Euro-Finanzminister unter anderem klären, wie man mit einem Euro-Austritt Athens umgehen würde.

Frankfurt/Brüssel Die Lage in Griechenland überschattet das heutige Treffen der Finanzminister aus dem Euro-Raum: Hinter den Kulissen dürfte es dabei um den lange gefürchteten "Plan B" gehen: eine Pleite Athens mit möglichem Euro-Austritt, weil es entweder gar keine handlungsfähige Regierung gibt oder eine Regierung, die den mit EU und IWF vereinbarten Sparkurs ablehnt.

In einem Interview machte Bundesbankpräsident Jens Weidmann derweil klar, wie ernst die Lage ist. "Wenn Athen nicht zu seinem Wort steht, dann ist das eine demokratische Entscheidung", sagte Weidmann der "Süddeutschen Zeitung" zwar. Wenn Griechenland aber den vereinbarten Sparkurs beende, müsse die EU reagieren. "Daraus folgt aber auch, dass die Grundlage für weitere Finanzhilfen entfällt", so der Chef der Bundesbank. Ein dann folgender Austritt Griechenlands hätte für das Land "gravierendere Folgen als für den Rest der Euro-Zone", drohte Weidmann.

Internationale Banken bereiten sich Branchenkennern zufolge hinter verschlossenen Türen bereits auf die Wiedereinführung der griechischen Drachme vor. Noch muss es nicht so kommen. Präsident Karolos Papoulias versucht weiterhin, mit Parteichefs doch noch eine pro-europäische Regierungs-Koalition zustande zu bringen, die bis Ende Juni neue Einschnitte von 11,5 Milliarden Euro durchs Parlament paukt – gestern scheiterte ein Versuch allerdings erneut. Alexis Tsipras, Chef der aufstrebenden Linkssozialisten (Syriza), lehnte einen Regierungseintritt harsch ab.

Damit wird immer wahrscheinlicher, dass es zu Neuwahlen Mitte Juni kommt. Nach jüngsten Umfragen dürfte das Linksbündnis unter Tsipras den Sieg einfahren. Rückt Hellas dann vom vereinbarten Konsolidierungskurs ab, müssten EU und IWF den Geldhahn zudrehen.

Die Regierung in Athen müsste dann bald einen Zahlungsstopp für Staatsschulden verkünden. EZB, Euro-Staaten, Banken und andere Gläubiger blieben auf Milliarden-Forderungen sitzen. "Für Deutschland würden rund 20 Milliarden Euro haushaltswirksam", schätzt Matthias Kullas vom Centrum für Europäische Politik (CEP). Katastrophal träfe es die griechischen Banken, die die meisten Hellas-Anleihen halten – sie wären pleite.

Athen könnte staatliche Löhne und Renten nicht mehr zahlen. Soziale Unruhen, explodierende Arbeitslosigkeit, drastisch sinkende Kaufkraft und Rationierungen wären wahrscheinlich. "In der Wirtschaft ginge das Licht aus", meint Jürgen Matthes vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln.

Ein freiwilliger Austritt aus der Währungsunion gilt in dieser Lage als fast unvermeidlich. Denn als Folge wäre eine Abwertung der Drachme von bis 70 Prozent zu erwarten. Griechische Produkte würden für das Ausland erheblich billiger. Aber das Land hätte weiterhin mehr als 100 Milliarden Euro an Anleiheschulden, die es mit den neuen Billig-Drachmen bezahlen muss – ohne Hilfe unmöglich. Und die Bevölkerung müsste viel teurere Preise für alle importieren Güter zahlen: Benzin, Geräte, vieles andere.

Man scheint sich auf den Ernstfall vorzubereiten: Laut "Spiegel" will der EFSF-Rettungsschirm nach einem Euro-Austritt von Griechenland helfen, Staatsanleihen des Staates zu finanzieren – auch um Sorgen der Kapitalmärkte vor Zahlungsausfällen in anderen Euro-staaten wie Spanien zu begegnen. Aber es gäbe kein Geld des Rettungsfonds an eine von wem auch immer geführte Regierung in Athen – gespart werden müsste also doch.

(RP)
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