Neue Langstreckentochter bietet Ferienflüge an Bund verkauft Lufthansa-Anteile lukrativ

Berlin/Frankfurt · Um Lufthansas Untergang zu verhindern, sprang der Staat ein. Nun werden Aktien verkauft, Sondergewinne locken für die Bundesregierung. Lufthansa selbst setzt auf einen Neustart gerade bei Europaflügen mit Eurowings.

 Vorstandschef Carsten Spohr hofft auf eine neue Bewegungsfreiheit für die Lufthansa

Vorstandschef Carsten Spohr hofft auf eine neue Bewegungsfreiheit für die Lufthansa

Foto: dpa/Oliver Roesler

Die Bundesregierung wird mit der Rettung der Lufthansa voraussichtlich ein gutes Geschäft machen. Am Montag kündigte der staatliche Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) an, sein Aktienpaket in Höhe von 20 Prozent um bis zu einem Viertel zu reduzieren, also 29,5 Millionen Papieren abzustoßen. Gekauft wurden die Papiere zum Vorzugspreis von 2,56 Euro pro Stück, der Kurs liegt aktuell bei fast neun Euro. Der WSF bezahlte für die nun zum Verkauf stehende Tranche also 76,7 Millionen Euro und erhält dafür 264 Millionen Euro, was auf einen Gewinn von fast 190 Millionen Euro hinausläuft. „Das hat der Bund schlau gemacht“, sagt der Hamburger Unternehmensberater Gerald Wissel: „Zuerst hat er Lufthansa mit dem gesamten Rettungspaket vor dem Untergang geschützt, aber nun lohnt sich das auch für den Steuerzahler.“

Insgesamt würde der Staat einen Gewinn von fast 800 Millionen Euro machen, sofern er die gesamten 20 Prozent an Europas führender Airline-Gruppe zum aktuellen Kurs versilbern würde. Dabei muss gesehen werden, dass der Profit nur eine Prämie dafür wäre, dass der Bund dem Konzern gleichzeitig mit dem Angebot von stillen Einlagen in Höhe von 5,7 Milliarden Euro vor der Zahlungsunfähigkeit gerettet hatte, weil im Sommer 2020 keine private Bank so hohe Kredite angeboten hätte. „Damals war diese Hilfe dringend nötig“, so Wissel, „jetzt wo sich mit dem Impffortschritt auch die Lage der Branche wieder bessert, hat die Lufthansa wieder Spielraum.“

Vorstandschef Carsten Spohr will die neuen Chancen unbedingt nutzen. So baut er aktuell die neue Marke Eurowings Discover auf, um ab Frankfurt und München günstige Langstreckenferienflüge etwa in die Karibik oder nach Namibia anzubieten. Der Kölner Konzernableger Eurowings fährt sein Angebot für Kurz- und Mittelstreckenflüge stark hoch, was sich gerade in Düsseldorf als wichtigstem NRW-Flughafen auswirkt. „Wir spüren eine Reise­sehnsucht unserer Kunden, die nach dem langen Lockdown so groß ist wie lange nicht“, sagte Eurowings-Chef Jens Bischof unserer Redaktion. Auch nach den diese Woche endenden Schulferien rechnet er mit einem guten Geschäft: „Die Erholung wird sich nach den Sommerferien verstärken, denn unsere Business-Gäste haben Geschäftspartner, Topkunden oder auswärtige Standorte teilweise seit mehr als einem Jahr nicht mehr gesehen.“

Aber auch als Gesamtkonzern hat Lufthansa wohl das Schlimmste hinter sich. Der Nettoverlust halbierte sich im ersten Halbjahr von 3,6 Milliarden Euro auf 1,84Milliarden Euro. Eine Milliarde Euro an stiller Einlage des Bundes hat Spohr mit Einnahmen aus dem laufenden Geschäft zurückgezahlt, weil ihm die Zinsen in Höhe von vier Prozent zu hoch sind. Und auf Dauer hofft er, auch die wichtigen Flüge nach Nordamerika und Asien breitflächig wieder hochfahren zu können, bisher vermiesen dort die Einreiseverbote der USA das Geschäft. „Nur mit wenigen Überseeflügen hat es Lufthansa schon schwer“, so Wissel, „aber eigentlich ist auch hier eine Erholung auf Dauer wahrscheinlich.“

Um den Bewegungsspielraum zu erhöhen, hat Spohr eine Kapitalerhöhung angekündigt. Rund zwei Milliarden Euro als weiterem Eigenkapital könnten so in die Kasse kommen, um die teuren Staatskredite weiter zu tilgen. Laut „Handelsblatt“ und laut „FAZ“ ist denkbar, dass der Bund die Kapitalbeteiligung mitmacht. Dabei bleibt aber offen, wozu zuerst Aktien verkauft werden, um dann wieder neue Papiere zu kaufen.

Unabhängig von dieser Frage hätte die Kapitalerhöhung aber wenigstens den Effekt, dass Lufthansa nach Rückzahlung der stillen Einlagen die harten EU-Auflagen erlassen werden, die die Kranich-Airline als Gegenleistung für die Hilfe des Bundes akzeptieren musste.

Was könnte der Konzern wagen ohne EU-Auflagen? Bonuszahlungen wären wieder uneingeschränkt möglich. Und die Lufthansa dürfte wieder andere Unternehmen übernehmen, was ihr unter Einbeziehung des Staates verboten ist. „Dann könnten wir weiter in Europa konsolidieren“, sagt ein führender Konzernmanager. „Wir wären nach der Krise stärker als zuvor.“

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