Leipzig Bsirske wird mit 88,5 Prozent ein letztes Mal Verdi-Chef

Leipzig · Er ist der Schrecken von Eltern kleiner Kinder, von Post-Managern und Flugreisenden - und er wird diese Rolle behalten: Frank Bsirske (63), Chef der streikfreudigen Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, hat sich beim Bundeskongress in Leipzig das Votum für seine letzte vierjährige Amtszeit geholt. 88,5 Prozent der Delegierten stimmten gestern für Bsirske. Vor vier Jahren waren es noch 94,7 Prozent gewesen.

Ein Gegenkandidat, der die sperrige Multibranchen-Gewerkschaft steuern könnte, war nicht in Sicht. Bsirske versprach aber, einen Nachfolger in den kommenden vier Jahren aufzubauen. Der alte und neue Vorsitzende steht seit der Verdi-Gründung 2001 an der Spitze. Er hat den Einbruch bei den Mitgliederzahlen gestoppt und deren Zahl bei rund zwei Millionen stabilisiert. Vor allem die Streiks sind eine wirksame Werbemaßnahme. 100 Millionen Euro ließ sich Verdi die Arbeitsniederlegungen allein in diesem Jahr kosten. Daneben hat Bsirske mit seinen Kampagnen dazu beigetragen, dass Deutschland den gesetzlichen Mindestlohn bekommen hat - auch wenn dies aus Gewerkschaftssicht ein Eingeständnis von Schwäche ist.

Bsirske wehte aber wegen der tarifpolitischen Rückschläge der vergangenen Monate zuletzt ein rauer Wind ins Gesicht. Merklich schärfer als sonst war der Ton bei der Aussprache zum Geschäftsbericht. Eine Delegierte forderte, Verdi müsse Tarifergebnisse erzielen, die auf den ersten Blick als Erfolge wahrgenommen würden - eine Spitze gegen den gescheiterten Versuch, Ausgründungen bei der Deutschen Post zu verhindern. Ein anderer warf dem Verdi-Chef vor, Ergebnisse schönzureden. Auch aus den Reihen der Erzieherinnen kam Kritik am Verhandlungsstil der Gewerkschaft. Zudem warf ein Delegierter die Frage nach Bsirskes Alter am Ende seiner Amtszeit auf: Der Chef wäre dann 67.

Bsirske konterte die Kritik entschlossen. Er habe nicht verschwiegen, dass es in der Vergangenheit auch Misserfolge und Niederlagen gegeben habe, sagte er. Wer denke, man könne Forderungen immer zu 100 Prozent durchsetzen, "der ist ein Illusionist und betreibt Tarifromantik", so der Vorsitzende. Mit Blick auf die Kitas kritisierte er die Kommunen. Die hätten zwar zugestimmt, dass die Sozial- und Erziehungsberufe eine Aufwertung verdienten, allerdings ohne mehr Geld. Und auf die Frage nach seinem Alter und der Verdi-Kritik an der Rente mit 67 sagte er, das Konzept bleibe ein Rentenkürzungsprogramm. Verdi schließe aber seit langem Tarifverträge, wonach in beiderseitigem Einvernehmen über das Renteneintrittsalter hinaus gearbeitet werden könne.

(maxi)
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