Braucht nun Slowenien Euro-Hilfe?

Berlin/Brüssel Slowenien droht in Kürze als sechstes Land unter den Euro-Rettungsschirm EFSF zu schlüpfen. Das osteuropäische Euro-Mitglied ringt mit rückläufigem Wirtschaftswachstum und steigender Verschuldung. Mehrere Ratingagenturen hatten die Kreditwürdigkeit des Landes zuletzt gesenkt. Ein Sprecher der EU-Kommission erklärte gestern lediglich, bisher sei kein slowenischer Hilfsantrag eingegangen. Doch an den Börsen hielten sich Gerüchte über ein bevorstehendes Hilfeersuchen.

Die Industrieländerorganisation OECD rechnet mit einer Schrumpfung der slowenischen Wirtschaft um zwei Prozent im laufenden Jahr. Das Haushaltsdefizit 2011 erreichte 6,4 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt. Die Renditen für zehnjährige Staatsanleihen Sloweniens liegen bereits über der kritischen Marke von sechs Prozent. Sorgen bereitet vor allem der Bankensektor des kleines Landes. Die Bank Nova Ljubljanska Banka (NLB) hat einen Marktanteil von rund 30 Prozent und ist damit systemrelevant. Der Staat ist mit 55,6 Prozent an dem Institut beteiligt.

Irland, Portugal und Griechenland bekommen bereits fast 200 Milliarden Euro Hilfe aus dem 440 Milliarden schweren Euro-Rettungsschirm EFSF. Spanien und Zypern haben ebenfalls Anträge auf Notkredite gestellt. Die Summe für beide dürfte bei etwa 110 Milliarden Euro liegen. Die Reserven der Euro-Retter schmelzen also dahin – zumal Athen ein drittes Rettungspaket brauchen dürfte, sollte es tatsächlich mehr Zeit zur Erfüllung seiner Sparauflagen bekommen.

Eine Verschärfung der Schuldenkrise kann gleichzeitig nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) Deutschlands Wachstumsphase beenden. Als eine der offensten Volkswirtschaften der Erde sei Deutschland besonders anfällig für Krisen von außen. Gleichwohl nannte es der IWF in seinem Deutschland-Bericht "bemerkenswert", wie gut das Land durch die Krise gekommen sei. Der IWF erhöhte seine Wachstumsprognose für das laufende Jahr um 0,4 Punkte auf 1,0 Prozent. Für 2012 reduzierte er die Prognose um 0,1 Punkt auf 1,4 Prozent.

Nach dem Bundestag stimmte auch das niederländische Parlament gestern für den permanenten Euro-Rettungsschirm ESM – obwohl Den Haag die jüngsten Beschlüsse des EU-Gipfels ebenso wie Finnland scharf kritisiert. Nach den Beschlüssen sollen Banken aus dem ESM direkte Hilfen erhalten können, wenn zuvor eine EU-Bankenaufsicht auf den Weg gebracht ist.

(mar)
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