Düsseldorf Börsen-Abschied für Deutschlands älteste Aktie

Düsseldorf · Bei der Köln-Düsseldorfer sollen die Minderheitsaktionäre zwangsabgefunden werden. Heute entscheidet die Hauptversammlung.

Häufig finden Aktionärstreffen in großen Räumlichkeiten statt - Messehallen, Sälen, Arenen. Eine Hauptversammlung auf dem Wasser ist extrem selten. Bei der Köln-Düsseldorfer Deutsche Rheinschifffahrt AG, bekannt auch unter dem Kürzel KD, ist der Veranstaltungsort natürlich passend. Deren Eigentümer treffen sich heute auf einem Schiff, um eine historische Entscheidung zu treffen: Die älteste durchgehend börsennotierte Aktie Deutschlands (seit 1832) soll vom Markt genommen werden. Die KD River Invest, Tochter der Schweizer River-Advice-Gruppe, hält seit September 2016 bereits mehr als 97 Prozent der Stimmrechte an der Köln-Düsseldorfer und will die verbliebenen Kleinaktionäre des Unternehmens zwangsabfinden. 9,70 Euro soll es für jede der 48.000 Aktien im Streubesitz geben. Das ist deutlich weniger als gestern der zwischenzeitliche Kurs von 10,50 Euro, zu dem Anleger noch Kasse machen konnten, ehe sie ihre Anteilsscheine zu einem festgelegten Preis abgeben müssen.

So ein Squeeze-out, wie das Herausdrängen der Kleinaktionäre heißt, ist ein häufig vorkommendes Phänomen. Wenn eine Aktie nach 185 Jahren von der Börse verschwindet, lässt sich das indes nicht auf den simplen technischen Vorgang reduzieren. An der KD-Aktie hängen beinahe zwei Jahrhunderte Geschichte. Ihr Geburtsjahr war auch jenes von Wilhelm Busch und Gustave Eiffel, zugleich das Jahr, in dem Goethe starb. In New York fuhr die erste Straßenbahn, der belgische Franc wurde eingeführt, im Hambacher Schloss feierten Demokraten und Nationale Freiheit und Einheit in Deutschland. Und das sind nur die Anfänge von annähernd zwei Jahrhunderten Geschichte. Zu der gehört auch die Rhein-Fahrt von Papst Benedikt XVI. auf der "RheinEnergie" beim Weltjugendtag vor zwölf Jahren in Köln. Auf dem Schiff findet übrigens heute auch die Hauptversammlung statt.

Das letzte Kapitel der langen Börsengeschichte. Aber selbst noch so viel Historie trübt bei Ökonomen nicht den Blick fürs Wesentliche. Das sind im Fall Köln-Düsseldorfer die Kosten, die beispielsweise für regelmäßige Berichte und Hauptversammlungen entstehen. Die werden künftig eingespart. Auf Auftritte am Kapitalmarkt verzichtet das Unternehmen aber nicht. Seit 2013 finanziert es sich auch durch die Ausgabe von Genussscheinen. Die gelten zwar im wirtschaftlichen Sinne als Eigenkapital, allerdings hat der Inhaber kein Stimmrecht. Geht alles gut, bekommt er am Ende der Laufzeit sein Geld plus Zinsen zurück. Läuft's schlecht, muss auch der Investor wenigstens Geduld aufbringen. Denn Genussscheine werden nachrangig bedient, also erst dann, wenn andere Gläubiger Geld erhalten haben.

Von solchen Krisensituationen ist bei der KD aber nicht die Rede - nach schwierigen Jahren, in denen Geldhäuser wie die Sparkasse Düsseldorf, Sal. Oppenheim und die WestLB zum Eigentümerkreis der Schifffahrts-Gesellschaft zählten. Für das vergangene Jahr weist die Gesellschaft zwar nur 100.000 Euro Nettogewinn aus, aber immerhin hat sie die Verlustzone hinter sich gelassen. Mit dem neuen Eigentümer River Advice schlage man "ein neues Kapitel in der Geschichte der KD auf", hat deren Vorstandsvorsitzender Achim Schloemer gesagt. Für Robert Straubhaar, den Chef von River Advice und Aufsichtsratsvorsitzenden der KD, ist der Neueinkauf "ein modernes Unternehmen, das einen exzellenten Ruf in der Ausflugsschifffahrt, im Eventmanagement und im Chartergeschäft besitzt".

Panoramafahrten vorbei an Düsseldorf und Köln, Siebengebirgs-Touren, Routen entlang des Drachenfelses und der Loreley - wer irgendwo irgendwann am Rheinufer stand, hat häufig eines der Linien- oder Ausflugsschiffe der KD gesehen. Aber wenn man ehrlich ist - an die Börse haben dabei vermutlich nur wenige gedacht.

(RP)
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