Düsseldorf Billiges Öl heizt deutsche Wirtschaft an

Düsseldorf · Um ein halbes Prozent könnten die gesunkenen Preise für das schwarze Gold das Wachstum der deutschen Volkswirtschaft ankurbeln. Europas Zentralbank freut sich. Und es gibt Anzeichen für weiterhin günstige Preise.

Gestern konnten es die Autofahrer im Rheinland wieder sehen: Diesel notiert bei teilweise nur noch 1,129 Euro pro Liter, E10 bei 1,239 Euro pro Liter. Die Autofahrer erleben schöne Zeiten, weil der Verfall des Ölpreises seit September für billigere Spritpreise sorgt.

Tatsächlich entwickelt sich der sinkende Ölpreis zu einer Art Konjunkturprogramm für große Teile der Wirtschaft. "Das Öl-Geschenk", titelte das "Handelsblatt" am Freitag. "Motor Öl", war Hauptüberschrift in der Wochenzeitung "Die Zeit". Und auch Mario Draghi freut sich als Chef der Europäischen Zentralbank: "Die Wirkung ist eindeutig positiv."

Gerade in Deutschland kommen die günstigen Energiepreise gelegen. "Ein solcher Rückgang des Rohölpreises wirkt über die Entlastung der Lebenshaltungskosten der Haushalte und der Produktionskosten der Unternehmen wie ein kleines Konjunkturprogramm", sagt Bundesbankpräsident Jens Weidmann. Immerhin importierte Deutschland vergangenes Jahr Rohöl für rund 60 Milliarden Euro. Bleibt der Preis so niedrig wie im Moment, wird das Land jeden Monat um rund zwei Milliarden Euro von Kosten entlastet. Die Folge: Konzerne wie Henkel oder Bayer haben teilweise billigere Energiekosten, Familien freuen sich über 30 oder 40 Euro mehr an Kaufkraft im Monat, weil die Tankrechnung sinkt.

Das Essener Wirtschaftsinstitut RWI erhöhte wegen dieser Entlastung seine Wachstumsprognose für dieses und nächstes Jahr in Deutschland von 1,1 Prozent auf jeweils 1,5 Prozent, das Münchener Ifo-Institut korrigierte die Wachstumsprognose für 2015 von 1,2 Prozent auf 1,5 Prozent. Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn sagt: "Die fallende Ölpreise und der Kursverfall des Euro haben mitgeholfen, die Schockstarre nach dem Ausbruch der Ukraine-Krise zu überwinden."

Dabei geht es um eine gigantische Umverteilung von Wohlstand. Vor Monaten kostete das Fass Öl (159 Liter) noch mehr als 100 US-Dollar - nun liegt die Notierung bei 62 Dollar (umgerechnet 49,8 Euro).

Entsprechend kommen Förderländer wie Iran, Venezuela und Russland unter Druck, die den Staatshaushalt stark mit dem Export des schwarzen Goldes finanzieren. Gleichzeitig profitieren Importländer wie Deutschland, Frankreich oder China massiv von den sinkenden Ölpreisen, was bei Firmen und Privatkunden Kaufkraft freigibt.

Die große Frage ist nun, wie lange die niedrigen Ölnotierungen noch anhalten. Und da gibt es positive Signale aus Sicht der Verbraucher. Die Opec als früher extrem mächtiges Kartell konnte sich Ende November nicht einigen, die Förderung zu senken - seitdem rutschte der Preis noch einmal um zehn Dollar auf nun 61,20 Dollar ab.

Die zwei wichtigsten Förderländer der Welt können damit gut leben. Saudi-Arabien drückt die Ölpreise nach unten, damit die USA ihre Förderung mit der dort auch für Öl genutzten neuen Technik "Fracking" nicht weiter ausbauen.

Der Regierung in Washington sind niedrige Preise auch recht: Sie kurbeln die Wirtschaft an, obwohl die heimischen Ölkonzerne jammern. Und sie helfen, Russland mitten im Streit um die Ukraine zu schwächen. Der Verfall des Ölpreises kostet Moskau mehr als 80 Milliarden Euro dieses Jahr.

(RP)
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