Branche unter Druck Warum das Bier jetzt teurer wird

Düsseldorf · Der deutsche Brauer-Bund hat die Konsumenten auf weiter steigende Bierpreise eingestimmt. Wie sehr, hängt auch davon ab, wie viel die Verbraucher bereit sind zu zahlen.

 Gäste stoßen an einem Tisch im Außenbereich eines Lokals mit Altbier an.

Gäste stoßen an einem Tisch im Außenbereich eines Lokals mit Altbier an.

Foto: dpa/David Young

Vor 55 Jahren trat Jupp Schmitz im Kölner Karneval erstmals mit dem Lied „Wer soll das bezahlen?“ auf. Seither ist der Song auch fester Bestandteil des Gesangsrepertoires von Laien zwischen Weiberfastnacht und Veilchendienstag. Auch 2023, nach der großen Karnevalsabstinenz in Zeiten von Corona-Wellen.

Wenn die Bierbrauer sich indes diese Frage stellen, schwingt oft große Sorge um die eigene berufliche Existenz mit. Würde man alle Kostensteigerungen, die entstanden seien, auf den Bierpreis umlegen, müsste ein halber Liter in der Kneipe nämlich drastisch teurer werden. Das sagte zumindest der Vize-Chef des Brauereiverbands Berlin-Brandenburg und Geschäftsführer der Klosterbrauerei Neuzelle, Stefan Fritsche, der „Bild“.-Zeitung „Wenn Brauereien und Gastronomen ihre Mehrkosten voll an den Verbraucher weitergeben, sind wir Ende dieses Jahres bei 7,50 Euro für den halben Liter Bier“. Das bedeutete oft eine Preissteigerung um die 50 Prozent.

„Fritsche hat recht“, sagt Michael Schnitzler, Geschäftsführer der Düsseldorfer Hausbrauerei Uerige, der über enorm erhöhte Aufwendungen für Energie hinaus auch auf andere Kostensteigerungen verweist: „Der höhere Mindestlohn treibt die Personalkosten, und Malz ist heute zweieinhalbmal so teuer wie beim letzten Kontrakt.“

Holger Eichele, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes in Berlin, ist mit Preisprognosen zurückhaltender. Aber dass die Bierpreise steigen werden, daran hat auch er keinen Zweifel: „Viele Brauereien stehen wegen der gewaltigen Kostensteigerungen mit dem Rücken zur Wand. Sie brauchen Preiserhöhungen, um ihre Existenz zu sichern.“ Im vergangenen Jahr seien von den seinerzeit 1536 Brauerei­betrieben 24 von der Bildfläche verschwunden, also 1,6 Prozent. Auch jetzt sieht Eichele eine „schmerzhafte Konsolidierung“ auf die Branche zukommen. In welchem Ausmaß, bleibt derzeit offen.

Extreme Preissteigerungen, wie sie Fritsche ins Gespräch gebracht hat, sind aber in Zeiten, in denen die Kundschaft selbst deutliche Belastungen stemmen muss, nur schwer durchzusetzen. Deshalb sieht Eichele „eher moderate Anhebungen“.

Die Inflation drückt aufs Gemüt der Biertrinkererinnen- und -trinker, deren Bierdurst der Branche 2022 zwar eine Absatzsteigerung auf 81,2 Millionen Hektoliter gebracht hat, was aber noch etwa fünf Prozent unter dem Vor-Pandemie-Jahr 2019 liegt. Und wenn die Verbraucher angesichts deutlich gestiegener Preise für Gas, Strom und Lebensmittel am Bier sparen, droht einer Reihe von Betrieben womöglich das Aus. Zumal die Hersteller auch beim Flaschenbier kämpfen müssen: „Der Einzelhandel nutzt Bier oftmals als Lockangebot und holt die Kunden mit Aktionspreisen in den Supermarkt, wo sie dann natürlich auch andere Sachen einkaufen“, so Eichele. Sein Argument wird untermauert durch Aktionspreise, bei denen etwa der Kasten Pils im Markt 9,90 Euro statt 13,40 Euro kostet.

Wie andere leiden auch die Brauer. Manchen ist im Oktober 2022 eine doppelt so hohe Gasrechnung wie zuvor präsentiert worden. Doch sind gestiegene Energiekosten nur eines der Probleme, die die Bierbrauer plagen. Manche Rohstoffe haben sich in den vergangenen Jahren extrem verteuert (siehe Grafik). Und die Lieferketten funktionieren auch in einigen Bereichen noch nicht wieder einwandfrei: „Bei Reinigungsmitteln und Ersatzteilen gibt es immer noch Probleme“, so Eichele. Uerige-Chef Schnitzler nennt als Beispiel für Engpässe elektronische Bauteile, auf die man lange warten müsse: „Da steht dann das Sudhaus still.“

Bier wird teurer - das sind die Gründe
Foto: C. Schnettler

Bei Twitter gibt es Stimmen, die das Ganze mit Humor nehmen: „Gehen wir auf die Straße. Fordern wir einen Bierpreisdeckel“, heißt es da. So ähnlich also wie beim Gas und beim Strom. Nun ist Bier, ungeachtet aller anderen Meinungen, für die meisten vermutlich nicht ganz so essenziell wie ein warmes Zuhause, und deshalb dürften Forderungen an die Bundesregierung nach einem Biergipfel eher ungehört verhallen. Trotzdem ist die Politik aus Sicht der Brauer gefordert: „Beim Thema Umweltschutz wäre wichtig, dass die sehr stark und rasant steigenden Kosten gestreckt werden und nicht so umfangreich auf einmal ins Kontor schlagen. Eine Beschleunigung der Genehmigungsprozesse in diesem Bereich sollten deutlich zügiger werden“, fordert Schnitzler.

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