Essen BGH-Urteil: Gaspreis-Erhöhungen von RWE sind unwirksam

Essen · Nun können Hunderttausende Kunden Preiserhöhungen der vergangenen Jahre anfechten, so die Verbraucherzentrale.

Der zweitgrößte deutsche Energiekonzern RWE hat eine Schlappe vor dem Bundesgerichtshof (BGH) erlitten. Die Richter erklärten Klauseln aus RWE-Gaslieferverträgen für unzulässig. Der Konzern habe den Kunden nicht klar und verständlich gemacht, aus welchen Gründen und nach welchem Modus Preise steigen können. Damit seien die Kunden schon bei Vertragsabschluss nicht hinreichend informiert worden, die Preiserhöhungen seien unzulässig, heißt es sinngemäß im Urteil (Az. VIII ZR 162/09). Konkret ging es um Klagen von 25 Gas-Kunden der früheren RWE Westfalen-Weser-Ems, die Preiserhöhungen zwischen 2004 und 2006 nicht akzeptiert und sich durch die Instanzen geklagt hatten. Sie haben nun Anspruch auf Rückzahlungen zwischen 260 und 1100 Euro. Insgesamt muss RWE gut 16 000 Euro erstatten.

Das Urteil geht nach Ansicht der Verbraucherzentrale NRW weit über diesen Kreis hinaus: "Eine Entscheidung mit weitreichenden Folgen. Wer Verträge mit gleich lautenden Klauseln geschlossen hat, kann nun ebenfalls Geld zurückverlangen." Die monierten Klauseln finden sich in Verträgen von Sonderkunden. Das sind in der Regel alle Kunden, die keinen Grundversorgervertrag haben – die Mehrheit der 13 Millionen Gaskunden in Deutschland. Allein RWE hat 240 000 Sondervertragskunden in Deutschland, branchenweit sind es zehn Millionen.

Doch die Kunden kommen nicht automatisch an ihr Geld. Zunächst müssen betroffene Verbraucher Widerspruch bei ihrem Versorger einlegen und Erstattungen anfordern. Der Widerspruch muss binnen drei Jahren nach Erhalt der Rechnung erfolgen. Wer bereits früher Widerspruch eingelegt oder seine Rechnung nur unter Vorbehalt beglichen hat, kann nun Druck auf die Versorger machen. Die Verbraucherzentrale hat für die Kunden einen Musterbrief formuliert, der unter www.vz-nrw.de/widerspruch-gaspreise abgerufen werden kann.

"RWE muss die unberechtigten Preiserhöhungen zurückzahlen. Auch zahlreiche andere Versorger sind jetzt in der Pflicht", sagte Klaus Müller, Chef der Verbraucherzentrale NRW. Er appellierte an die Versorger, ein "schlankes und verbraucherfreundliches Verfahren" zu etablieren. Jetzt dürften nicht Hunderttausende Gaskunden gezwungen werden, vor Gericht zu gehen. Theoretisch könnten die Versorger sich auch von jedem Kunden einzeln verklagen lassen.

RWE setzt auf Zeit. Das Urteil gelte nur für die Kläger und nicht für alle Kunden, sagte ein RWE-Sprecher. Zudem bezöge sich das Urteil auf ältere, 2006 abgelöste Vertragsbedingungen, den AVB Gas. Hier hätten nur einige hundert Kunden Widerspruch eingelegt. Zu den Folgen für neuere Verträge könne man nichts sagen, man wolle die Urteilsbegründung abwarten. Laut Verbraucherzentrale ist das Urteil auch auf die jetzt geltenden Vertragsbedingungen und auch auf andere Versorger zu übertragen. RWE-Konkurrent Eon wollte sich nicht äußern-

(RP)
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