Berlin Berlin will Firmengründer besser fördern

Berlin · Die Unternehmenssteuern sollen sinken, fordert die SPD. Finanzminister Schäuble (CDU) ist vorsichtiger. Die USA eilen derweil davon.

Wer an erfolgreiche Start-up-Unternehmen denkt, der hat sofort das sonnige Silicon Valley in Kalifornien vor Augen, der denkt an Orte mit so klangvollen Namen wie Mountain View, Palo Alto oder Menlo Park. Zwar gibt es inzwischen auch in Berlin eine aktive Start-up-Szene, doch hierzulande tun sich viele Gründer noch immer schwer, hohe Millionensummen an Kapital einzuwerben. Das will die Politik nun ändern. Mitte September sollen Regeln diskutiert werden, damit junge Unternehmer auch hierzulande häufiger gründen und ihre Firmen schneller wachsen können.

SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil legte dazu bereits gestern ein Positionspapier vor. "Wir müssen handeln, damit junge Unternehmen in Deutschland bessere Chancen haben", sagte er unserer Zeitung, "und wenn wir mit dem Finanzministerium nicht einig werden, müssen die Bundestagsfraktionen bei dem Thema aktiv werden."

Denn zwischen dem Ressort von Wolfgang Schäuble (CDU) und der SPD knirscht es. Die Sozialdemokraten wollen stark auf Forderungen der Beteiligungsbranche und der Firmengründer eingehen, während das Ministerium eher auf stabile Einnahmen pocht. So schlägt Heil vor, dass Verlustvorträge von Start-up-Firmen an neue Teilhaber weitergegeben werden können. Dies ist wichtig, weil solche Firmen meistens hohe Ausgaben für Forschung und Entwicklung haben, aber beim weitereren Wachstum oft neue Investoren anlocken müssen. Der Düsseldorfer CDU-Abgeordneter Thomas Jarzombek zeigt Sympathie für das Konzept, meint aber, man müsse "Mitnahmeeffekte" anderer Branchen vermeiden.

In einem Punkt scheinen SPD und Finanzministerium einig zu sein: So soll weiter keine Körperschaftssteuer verlangt werden, wenn bei Start-up-Firmen Anteile von weniger als zehn Prozent weiterverkauft werden. Damit knickt Schäubles Ressort vor Protesten der Beteiligungsbranche ein. Ursprünglich sollten Verkäufe von weniger als zehn Prozent bei Streubesitz versteuert werden.

Die SPD will bei Unternehmen grundsätzlich die Besteuerung von Eigenkapital senken. Sie möchte im Gegenzug die Abgeltungssteuer auf Erträge aus angelegtem Fremdkapital abschaffen. Das Ergebnis wäre spannend: Unternehmen würden weniger Steuern zahlen, aber gut verdienende Anleger mit hoher Steuerprogression für Zinsen stärker zur Kasse gebeten. Das Finanzministerium ist von der Idee nicht begeistert, SPD-Mann Heil begründet die Pläne mit mehr Wachstum: "Es gibt weltweit und hierzulande genügend Kapital. Aber wir müssen Investitionen stärker anziehen." Damit weist ausgerechnet ein Sozialdemokrat auf ein grundlegendes Problem der deutschen Start-up-Förderung hin: Die Parteien sind sich zwar einig, dass Förderprogramme oder Kredite der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ausgebaut werden sollen. So schlägt die SPD auch eine "Forschungsprämie" als weiteres Bonbon für die Gründerszene vor. Es wird auch begrüßt, dass die KfW als "Ankerinvestor" mit 400 Millionen Euro bei Wagnisfonds einsteigt. Mit allen diesen Ideen lässt sich aber nur teilweise ausgleichen, dass der Boom bei Start-up-Firmen in den USA fast alleine von privaten Investitionen vorangetrieben wird, die es auch in Deutschland stärker geben könnte und sollte. So haben die deutschen Versicherungen von ihren mehr als einer Billion Euro an Anlagekapital nicht einmal ein Prozent in Firmenbeteiligungen inklusive eines minimalen Anteils bei Jung-Unternehmen gesteckt.

Allerdings sind die rechtlichen Vorschriften für sie weitaus strenger, als für die US-Konkurrenz. Die dortigen Pensionsfonds pumpen einen Teil ihrer Gelder in Fonds, die auch in die Internetbranche investieren. Als Ergebnis flossen 2014 44,9 Milliarden Euro in Venture-Capital-Investitionen in den USA, während es hierzulande nur 700 Millionen Euro waren. Dabei spielt eine große Rolle, dass Manager der erfolgreichen Konzerne Apple, Google oder Facebook große Teile ihres Privatvermögens nutzen, um Jung-Unternehmen eine Anschubfinanzierung inklusive Beratung zu geben ("Business-Angel").

Interessanterweise setzt auch die deutsche Politik zunehmend auf solche "Geschäfts-Engel". Seit einem Jahr erhalten Bürger, die sich mit mindestens 10 000 Euro bei einer Gründerfirma beteiligen, ein Fünftel ihrer Einlage vom Staat geschenkt. Pro Jahr kann ein Investor 50 000 Euro Beteiligungszuschuss kassieren. Er muss seinen Anteil jedoch drei Jahre halten - der Firma also so lange treu als Berater helfen.

(mar)
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