Berlin/Duisburg BDI-Chef will Gehaltslimit für Manager

Berlin/Duisburg · Die Debatte wegen überhöhter Vorstandsgehälter nimmt an Schärfe zu. Jetzt unterstützt Ulrich Grillo als neuer BDI-Chef Gehaltsobergrenzen in den Vorständen. Er selbst ist Familienunternehmer. Die Gewerkschaft Verdi stützt ihn.

Das Sein macht das Bewusstsein. Diese von Karl Marx stammende These zeigt gelegentlich doch eine gewisse Richtigkeit: Während der frühere RWE-Vorstand und spätere Hochtief-Chef Hans-Peter Keitel den mächtigen Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) leitete, war von kritischen Tönen gegenüber seiner eigenen Zunft der angestellten Manager nur wenig zu merken – abgesehen von Sticheleien gegen die Banken. Seit dem ersten Januar leitet nun der Duisburger Familienunternehmer Ulrich Grillo den Verband. Und der forderte gestern in einem Interview eine Debatte über die Gehälter in den Spitzenetagen. Insbesondere solle "über die Möglichkeit von unternehmensspezifischen Höchstverdienstgrenzen" diskutiert werden, für die es "gute Gründe" geben könne. Und als leuchtendes Beispiel nennt er in der FAZ sich selbst: "Ich bekomme ein Festgehalt, dazu eine erfolgsabhängige Tantieme. Insgesamt gilt eine Obergrenze. Wenn die erreicht wird, ist Schluss."

Ulrich Grillo nennt zwar sein eigenes Gehalt nicht, aber man kann sicher sein, dass es im Familienunternehmen Grillo weniger Geld gibt als in den Dax-Konzernen. Dabei bekommt Grillo Rückendeckung. "Wir begrüßen diese Diskussion über Gehaltsobergrenzen und über ausufernde Managergehälter", sagte Christoph Schmitz, Sprecher der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, unserer Zeitung. Heinz Evers, Experte für Vorstandsgehälter, ergänzt: "Aufsichtsräte müssen die Möglichkeit, feste Gehaltsgrenzen einzuziehen, konsequenter nutzen." Und auch die IG Metall zeigt Sympathie für den Grillo-Vorstoß: "Zu hohe Gehälter müssen nicht sein", heißt es aus dem Umfeld des Vorstandes.

Tatsächlich hat die IG-Metall die neue Diskussion mit provoziert. Nachdem ihr Vorstandschef Berthold Huber als stellvertretender Aufsichtsratschef von VW kein Veto einlegte, erhielt Vorstandschef Martin Winterkorn für 2011 ein Salär von 16,6 Millionen Euro – die Öffentlichkeit war empört: Denn das höchste Gehalt eines Dax-30-Chefs gab es damit ausgerechnet beim halben Staatskonzern VW. Jetzt werden für 2012 die Vergütungsregeln noch nachträglich geändert, damit Winterkorn nicht auch noch das 20-Millionen-Limit überspringt. Er nimmt das gelassen hin, der Ingenieur hat andere Prioritäten als mehr Geld.

Die spannende Frage ist nun, wie es mit den Gehältern in den anderen Dax-30-Konzernen weitergeht. An sich rechnen die meisten Experten damit, dass es für 2012 inklusive der erst mit dem Jahresabschluss festgelegten Leistungstantiemen erneut ein kräftiges Gehaltsplus gibt. Durchschnittlich 5,1 Millionen Euro strichen die Chefs der Dax-30-Konzerne im Jahr 2011 ein – wegen steigender Gewinne und im Schnitt um 30 Prozent gestiegener Aktienkurse könnten jetzt bis zu sechs Millionen im Schnitt drin sein.

Dabei gehen die Konzerne und ihre Chefs verschieden mit dem Gehaltsthema um. Postchef Frank Appel strich zwar 2011 rund 5,2 Millionen Euro ein, doch er spottet eher über die Gehaltshöhe als auf Zuschläge zu hoffen: "Ich kann mein Geld sowieso nicht ausgeben." Eine ähnliche Einstellung hat Telekom-Chef Renè Obermann: Der Aufsichtsrat genehmigte ihm 2011 einen neuen Fünf-Jahres-Vertrag mit drei Millionen Euro Gehalt, doch der 49-Jährige hat zum Jahresende ohne neuen Job freiwillig gekündigt.

Geld ist nicht alles, so tickt an sich auch Henkel-Chef Kasper Rorsted. Doch weil der Konzern in 2012 schon vor Jahren festgelegte Renditeziele erreichte, erhält Rorsted zusätzlich zum normalen Einkommen von 5,5 Millionen Euro mehr als zwei Millionen Euro Sonderprämie. Die Folge: Einer der kleinsten Dax-Konzerne wird für 2012 eines der höchsten Chef-Gehälter ausweisen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort