Leverkusen Bayer schafft die Teilkonzerne ab

Leverkusen · Auch der Vorstand wird umgebaut: Mit Erica Mann rückt erstmals eine Frau in das Spitzengremium, der Personalchef wird ausgewechselt. Am Montag startet der Börsengang der Kunststoff-Tochter Covestro. Er soll 2,5 Milliarden Euro bringen.

Paukenschlag bei Bayer: Der Aufsichtsrat hat gestern eine grundlegende Neuorganisation des Konzerns beschlossen. Zugleich wurde der Startschuss für den Börsengang der Kunststoff-Tochter Covestro gegeben. Von Montag an können Anleger die Covestro-Aktien zeichnen, die Preisspanne wurde auf 26,50 bis 35,50 Euro festgelegt. Am 2. Oktober will Covestro sein Debüt an der Frankfurter Börse feiern. Es wird der größte Börsengang in Deutschland seit der Deutschen Post im Jahr 2000.

Covestro will neue Aktien im Wert von 2,5 Milliarden Euro ausgeben. Durch diese Kapitalerhöhung wird sich der Anteil der Bayer AG, die bisher 100 Prozent an Covestro hält, nach Angaben des Konzerns auf 60 bis 66 Prozent verwässern. Entsprechend startet Covestro mit einem Streubesitz zwischen 40 und 35 Prozent der Aktien. "Wir sehen uns für den Gang an die Börse sehr gut aufgestellt", sagte Covestro-Chef Patrick Thomas.

Mit dem Geld aus dem Börsengang will Covestro vor allem die hohen Schulden tilgen, die der Mutterkonzern ihr aufbürdet. Die Nettofinanzschulden sollen sich auf etwa vier Milliarden Euro belaufen.

Auch Bayer selbst stellt sich völlig neu auf. Zum 1. Januar 2016 löst Bayer-Chef Marijn Dekkers die drei bisher eigenständigen Teilkonzernen unter dem Dach der Holding auf. Statt dessen soll es künftig nur noch drei Divisionen geben, die direkt am Konzern hängen. Sie sollen kein Eigenleben mehr führen und auch keine eigenen Marken mehr sein. Die Divisionen sind:

Pharmaceuticals Hierzu gehören verschreibungspflichtige Arzneien wie die Kassenschlager Xarelto oder Nexavar sowie das Radiologie-Geschäft. Sitz der Division wird Berlin, wo Bayer seit der Übernahme der früheren Schering bereits viele Pharma-Mitarbeiter hat. Geführt wird diese Division vom deutschen Pharmakologen Dieter Weinand.

Consumer Health Hierzu gehören verschreibungsfreie Arzneimittel wie Aspirin, Fußpflege und Sonnenschutzmittel. Diese Division nimmt ihren Sitz überraschend in Basel. Damit macht sich Bayer ausgerechnet in der Schweiz stark, wo auch viele Pharma-Konkurrenten ihren Sitz haben. Geführt wird die Division von der Chemikerin Erica Mann.

Crop Science Zu dieser Division gehören wie bisher Pflanzenschutz und Saatgut. Eine gute Nachricht für die Region: Die Zentrale bleibt weiterhin in Monheim. Geführt wird die Division auch weiter vom Iren Liam Condon.

Die Teilkonzerne waren ein wesentliches Erbe der Ära Werner Wenning, der einst Bayer-Chef war und heute den Aufsichtsrat leitet. Doch durch die Abspaltung der Kunststoffe und den geplanten Ausbau des Gesundheitsgeschäftes (Life Science) hat sich die Organisation überholt. "Ziel ist es, den Konzern gegenüber dem Wettbewerb noch schlagkräftiger aufzustellen", erklärte Bayer.

Mit dem Umbau soll auch der Konzernvorstand erweitert werden: Die Leiter der drei neuen Divisionen sollen in den Vorstand aufrücken, der damit auf acht Manager anwächst. Mit Erica Mann zieht erstmals auch eine Frau in den Vorstand des Traditionskonzerns. Kronprinz für die Nachfolge von Bayer-Chef Marijn Dekkers, der Ende 2016 Bayer verlässt, bleibt Strategie-Vorstand Werner Baumann.

Zugleich wechselt Bayer seinen Arbeitsdirektor aus. Der Vertrag von Michael König, der erst seit wenigen Jahren Personalchef ist, wird überraschend nicht verlängert - "auf eigenen Wunsch", wie das Unternehmen mitteilte. Neuer Personalchef wird zum 1. Januar 2016 der Pharmanager Hartmut Klusik.

Die Arbeitnehmer sind zufrieden. "Die Rückführung der Teilkonzerne unter einem Dach bei Bayer begrüßen wir ausdrücklich", sagt Gesamtbetriebsrats-Chef Oliver Zühlke. Bayer versicherte, dass die Zahl der Arbeitsplätze weltweit und in Deutschland in den nächsten Jahren stabil bleiben soll. Zugleich verwies der Betriebsrat darauf, dass Bayer noch vor Gesprächen zur Neuorganisation die Beschäftigungssicherung verlängert hat. Bis Ende 2020 wird es keine betriebsbedingten Kündigungen geben.

Der Betriebsrat begrüßt zudem, dass der Bereich Bayer Business Services, der für die IT bei Bayer zuständig ist, wieder unter des Dach des Konzerns und zum Chemie-Flächentarifvertrag zurückkehrt. Der Ausstieg hatte in der Vergangenheit für viel Ärger gesorgt. Montag informiert Dekkers die Mitarbeiter.

(anh)
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