Leverkusen Bayer legt ein neues Sparprogramm auf

Leverkusen · Bayer-Chef Marijn Dekkers ist unzufrieden mit den sinkenden Gewinnen der Kunststoff-Sparte. Nun will sich der Konzern weltweit von 700 Stellen trennen, davon 180 in Deutschland. Die Verhandlungen mit dem Betriebsrat laufen.

Der Bayer-Konzern plant ein neues Sparprogramm in seiner anhaltend schwächelnden Kunststoff-Sparte. Das kündigte Bayer-Chef Marijn Dekkers vor Journalisten an. "Wir müssen weiter Kosten sparen und noch effizienter werden", sagte er. Die Gewinnmarge bei Material Science sei anhaltend unter Druck.

Am Freitag hatte der Konzern die Betriebsräte im Wirtschaftsausschuss informiert. Am Montag gab es ein "Townhall Meeting" (eine Mitarbeiter-Versammlung) in Leverkusen. Demnach will sich Bayer in den nächsten vier Jahren weltweit von 700 Stellen bei der Sparte Bayer Material Science (BMS) trennen, in Deutschland sind 180 Mitarbeiter betroffen, wie unsere Zeitung aus Konzernkreisen erfuhr. Die Stellen sollen abgebaut oder durch Verkauf von Beteiligungen aus dem Konzern ausgegliedert werden. Ein Bayer-Sprecher bestätigte, dass auf der Versammlung die Zahlen genannt worden seien. Sie ergäben sich aus einer Reihe von Einzelmaßnahmen, die Verhandlungen mit den Betriebsräten liefen noch.

"Wir sind in intensiven Gesprächen mit der Arbeitnehmer-Vertretung", sagte auch Dekkers. Kündigungen solle es nicht geben. Eine Betriebsvereinbarung sieht vor, dass betriebsbedingte Kündigungen an den deutschen Standorten bis Ende 2015 ausgeschlossen sind.

In der Kunststoffsparte sind weltweit 14 500 Mitarbeiter beschäftigt, davon 5200 in Deutschland. Die meisten Kunststoff-Mitarbeiter sind am Standorte Leverkusen tätig.

Wie aus Konzernkreisen weiter verlautet, will Bayer auch die Investitions- und Forschungsausgaben bei BMS kürzen. Unter anderem sollen Investitionen in Brunsbüttel verschoben und Forschungsausgaben am Standort Leverkusen gesenkt werden. Das ruft bereits Unmut auf Gewerkschaftsseite hervor.

Der Bayer-Konzern hatte erst vor einigen Monaten ein umfangreiches Sparprogramm abgeschlossen, in dessen Zuge 4500 Stellen weltweit weggefallen waren. Allerdings hatte sich dieses Sparprogramm nur auf die Sparten Health Care (Pharma) und Crop Science (Pflanzenschutz) sowie die Holding bezogen, da Material Science zuvor bereits eigene Sparmaßnahmen ergriffen hatte.

Material Science steht seit langem unter Beobachtung der Konzernspitze. In den Jahren 2011 und 2012 hatte die konjunkturabhängige Sparte nicht einmal ihre Kapitalkosten verdient. "Wir werden sehen, ob das 2013 gelingt", sagte Dekkers. "Wirtschaftlich ist die Situation von Überkapazitäten im Markt geprägt, bei gleichzeitig hohen Rohstoff- und Energiekosten." Die zusätzlichen Produktionsanlagen, die in den vergangenen Jahren entstanden seien, träfen auf ein langsameres Wachstum des Marktes.

Bayer hatte drei Milliarden Euro in seine Kunststoff-Anlage in Shanghai investiert. In Dormagen hat der Konzern eine neue Großanlage für das Polyurethan-Vorprodukt TDI errichtet. Doch wegen der Bau- und Autokrise in Südeuropa sowie der Konjunktur-Abkühlung in China lahmt weltweit die Chemie-Nachfrage. Bayer Material Science hatte im Jahr 2012 einen Umsatz von 11,5 Milliarden Euro und einen Gewinn (vor Steuern und Zinsen) von 597 Millionen Euro erzielt. Der Gewinn war damit um fast sechs Prozent eingebrochen.

BMS produziert, wie alle Kunststoff-Unternehmen, energieintensiv und kommt daher in den Genuss der Befreiung von der staatlichen Ökostrom-Abgabe. Doch trotz dieser Millionen-Entlastung müsste Bayer in Deutschland doppelt so viel für Strom zahlen wie in den USA, beklagte Dekkers.

Mit den beiden anderen Sparten ist der Niederländer dagegen zufrieden. Er kündigte an, dass Bayer massiv investieren werde. "Im Zeitraum 2013 bis 2015 wollen wir 18 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung sowie für Investitionen in Sachanlagen aufwenden."

(RP)
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