Discounter betreiben angeblich Preisdumping Bauern: Handel missbraucht Putins Einfuhrstopp

Berlin · Der Bauernverband wirft Discountern Preisdumping vor. Handelsverbände und Milcherzeuger widersprechen.

Der Deutsche Bauernverband wirft Handelsketten vor, den Lebensmittel-Importstopp nach Russland auszunutzen. Den Kürzeren zögen dabei vor allem die Erzeuger. "Die aktuelle Verunsicherung der Märkte wird genutzt, um Einkaufspreise zu optimieren", hatte Generalsekretär Bernhard Krüsken in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" geklagt. Er appellierte an Unternehmen, Landwirte mit den negativen Auswirkungen nicht allein zu lassen. Der Lebensmittelhandel wies die Kritik entschieden zurück.

Der Discounter Aldi hatte am Montag den Preis für 250 Gramm Butter von 99 auf 85 Cent gesenkt. Weitere Lebensmittelhändler wollten nachziehen. Denn viele Wettbewerber orientieren sich im Preiseinstiegsbereich immer wieder an dem Discount-Riesen.

Auf den deutschen Bauern laste infolge des Einfuhrverbots starker Preisdruck, so Krüsken. Russland hatte als Reaktion auf EU- und US-Sanktionen in der Ukraine-Krise eigene Strafmaßnahmen gegen den Westen verhängt und die Einfuhr von Lebensmitteln gestoppt. Weil europäische Anbieter nicht mehr nach Osten liefern könnten, wichen sie auf den deutschen Markt aus, sagte Bauern-Generalsekretär Küsken. Dies führe zu einem Überangebot und fallenden Preisen. Derzeit sei diese Entwicklung bei Obst und Gemüse aber auch bei Milch zu spüren. Fleischerzeuger hätten schon länger damit zu kämpfen, da Russland den Import von Schweine- und Rindfleisch bereits vor einigen Monaten untersagt hat.

Der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels wehrte sich gegen die Vorwürfe des Bauernverbands: "Diese Pauschalkritik weisen wir entschieden zurück", sagte Sprecher Christian Böttcher unserer Zeitung. Er argumentierte, die Preise für Milch und Molkereiprodukte würden starken Schwankungen unterliegen. Noch vor einigen Monaten habe es Klagen über Preissteigerungen von bis zu 35 Prozent gegeben. Die jetzige Preisentwicklung bewege sich im Rahmen.

Bemerkenswert ist, dass sich nun auch die Interessenorganisation der deutschen Milchbauern gegen den Bauernverband stellt. Hans Foldenauer, Sprecher des Verbandes deutscher Milchviehhalter, sagte unserer Zeitung: "Nicht der Lebensmitteleinzelhandel verantwortet den Preisrutsch, sondern die Marktzahlen." Demnach gebe es ein Überangebot von Molkereiprodukten, Aldi und andere Händler würden jetzt die günstigeren Einkaufspreise lediglich an die Verbraucher weitergeben. "Bereits seit Februar sind die Notierungen für Milchprodukte an den internationalen Märkten im freien Fall", sagte Foldenauer. Die Preissenkungen für Butter kämen also nicht überraschend.

(jd)
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