Commerzbank als Vorreiter Banken wollen Kunden vor Konto-Überziehung warnen

Berlin · Die ersten deutschen Großbanken wollen ihre Kunden aktiv vor kostspieligen Konto-Überziehungen warnen. Sie kommen damit Forderungen der Bundesregierung und von Verbraucherschützern nach.

Girokonto zum Nulltarif
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Foto: gms

Die Commerzbank druckt von Freitag an Warn-Hinweise auf ihre Kontoauszüge. Die Direktbank ING-DiBa schreibt Kunden, die tief im Dispo stecken, vom 1. September an Briefe, in denen sie günstige Alternativen zur Überziehung des Girokontos anbietet. Bundesjustizminister Heiko Maas begrüßte die Initiative der Commerzbank. "Es ist eine gute Entwicklung für Verbraucherinnen und Verbraucher, wenn Banken ihren Kunden bei der Inanspruchnahme des Dispos einen Hinweis geben", sagte er am Donnerstag der Nachrichtenagentur Reuters. "Ich hoffe, dass die Branche hier nachzieht."

Der SPD-Politiker setzt darauf, dass Bankkunden dann etwa auf Ratenkredite umsteigen. Mittelfristig werde es damit für die Banken schwerer, überzogene Dispo-Zinsen durchzusetzen. Diese liegen oft bei mehr als zehn Prozent. Im Koalitionsvertrag hatte die Koalition aus CDU/CSU und SPD bereits Warnhinweise und Hinweise auf günstigere Alternativen gefordert. Gespräche von Maas mit Vertretern der Kreditwirtschaft ziehen sich allerdings schon Monate hin. Die Commerzbank preschte am Donnerstag vor: "Zu einer guten Beratung gehört, dass die Bank von sich aus ihre Kunden zum Thema Dispo-Zinsen anspricht", sagte ein Sprecher des zweitgrößten deutschen Geldhauses.

Knapp die Hälfte aller Bürger nutzt den Dispo

Nach einer Umfrage der ING-DiBa nimmt fast die Hälfte aller deutschen Bankkunden zumindest einmal im Jahr den Dispo-Kredit in Anspruch. Jeder Siebte überzieht sein Konto dabei im Schnitt mit mehr als 1500 Euro, 40 Prozent wollten sich dazu gar nicht äußern. "Ihr Konto weist aktuell einen negativen Kontostand auf. Dafür bezahlen sie Zinsen", heißt es künftig auf den Auszügen der elf Millionen Commerzbank-Kunden, wenn das Konto ins Minus rutscht. "Planen Sie, diesen Saldo länger in Anspruch zu nehmen? Dann lassen Sie sich bei uns über mögliche Alternativen beraten."

Bei der Commerzbank zahlen Neukunden innerhalb des Dispo-Rahmens, der meist zwei bis drei Monatsgehältern liegt, 11,4 Prozent. Gerät das Konto weiter in die roten Zahlen, werden noch höhere Zinsen fällig. Die Bank begründet das mit dem hohen Aufwand, die Dispo-Kredite vorzuhalten und zu überwachen. Das sei deutlich teurer als bei anderen Krediten.
Girokonto-Kunden der ING-DiBa, die den Dispo-Kredit nutzen, erhalten künftig standardmäßig einen Brief von ihrer Bank.
Bisher habe die Direktbank das nur sporadisch gemacht, sagte ein Sprecher. Wer nur gelegentlich sein Konto überzieht, dem wird ein Ratenkredit angeboten. Wer ständig tief im Dispo steckt, wird auf die Möglichkeit einer Schuldnerberatung hingewiesen.

Eine Sprecherin des Privatbanken-Verbandes BdB erwartet bald weitere Nachahmer: "Zahlreiche Institute arbeiten zurzeit an solchen Warnhinweisen oder bereiten diese bereits vor." Das gilt auch für die Sparkassen: Ihr Verband empfiehlt ihnen ebenfalls einen Hinweis auf dem Kontoauszug. "Entsprechende technische Lösungen für die Institute sind zur Zeit in Vorbereitung", sagte ein DSGV-Sprecher. "Den Kontoauszug liest jeder", begründete ein Commerzbank-Sprecher die Entscheidung für den formlosen Hinweis.

"Wie viel Bewegung in dem gesamten Thema ist, zeigt sich auch daran, dass immer mehr Institute auf den Überziehungszins ganz verzichten und auch beim Überschreiten des Dispositions-Rahmens nur den Dispo-Zins berechnen", sagte der DSGV-Sprecher. Hier hatte die ING-Diba im Frühjahr den Vorreiter gespielt. Bei ihr kostet eine Konto-Überziehung unabhängig von der Höhe knapp acht Prozent. Andere Banken folgten ihrem Beispiel.

(REU)
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