Geldwirtschaft Banken werden bei Krediten zurückhaltender
Düsseldorf · Laut Ifo-Institut werden vor allem für kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland die Verhandlungen mit den Geldhäusern schwieriger. Die Zinssätze haben sich in den vergangenen vier Jahren verfünffacht.
Die Preise sind trotz nachlassender Inflation immer noch hoch, der Konsum lahmt vor allem deshalb, die Konjunktur lässt insgesamt nach, dafür steigt die Zahl der Insolvenzen – nimmt man alles zusammen, sind die Aussichten für deutsche Unternehmen aktuell alles andere als rosig. Und damit wird es offensichtlich für sie auch schwieriger, bei Banken und Sparkassen Kredite zu bekommen.
Das Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung (München) hat in einer Umfrage unter etwa 9000 Unternehmen ermittelt, dass im September 29,2 Prozent jener Firmen, die mit Geldhäusern über die Darlehensvergabe verhandelten, eine stärkere Zurückhaltung der jeweiligen Bank bei den Gesprächen spürten. Das seien drei Monate vorher noch acht Prozentpunkte weniger gewesen, erklärt das Institut. „Die Banken erhöhen nach und nach die Kreditzinsen. In wirtschaftlich schwächeren Phasen müssen die Unternehmen auch mehr zur Kreditabsicherung beitragen“, sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der Ifo-Umfrage.
Bemerkenswert an den Ergebnissen: Seit 2017 macht das Ifo-Institut seine Umfrage in der aktuellen Form, und da war die Zahl derjenigen, die härter um Kredite kämpfen mussten, nur einmal höher – im Dezember des vergangenen Jahres, als nicht nur die Corona-Nachwehen, sondern auch die hohen Preise beispielsweise für Energie an den Unternehmen nagten.
Das Problem trifft die Branchen unterschiedlich hart. Im Fokus stehen unter anderem Baufirmen, die einerseits wie andere selbst unter hohen Kreditzinsen leiden und gleichzeitig zur Kenntnis nehmen müssen, dass Projekte wegen des Zinsniveaus eingestampft werden. Aktuell sehen sich laut Ifo-Institut 8,9 Prozent der etwa 1200 befragten Bauunternehmen in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht. Im Januar dieses Jahres waren es noch 5,1 Prozent gewesen.
Dann wäre da noch der Non-Food-Handel, beispielsweise die Modehändler, unter denen viele auch in Not geraten sind, weil sie Corona-Hilfen zurückzahlen müssen und darüber teilweise mit dem Bund streiten. Oder Gastronomen und Hoteliers, die derzeit dagegen kämpfen, dass die Mehrwertsteuer auf Speisen in Restaurants zum Jahreswechsel wie geplant wieder auf 19 Prozent steigt.
Auch in der Veranstaltungsbranche trifft es so manches Unternehmen – ungeachtet der Tatsache, dass Corona ihr Geschäft nicht mehr behindert. „Vor allem die kleinen Veranstalter können keine hohen Preise durchsetzen; zudem leiden sie unter Personalmangel, sowohl bei Sicherheitskräften als auch beim Catering“, sagt Ifo-Experte Wohlrabe.
In der Industrie ist der Anteil derer, die auf mehr Schwierigkeiten bei der Kreditvergabe stoßen, laut Ifo binnen eines halben Jahres von 20,7 auf 27,7 Prozent gestiegen. Bei den Herstellern von elektrischen Ausrüstungen seinen es knapp 40 Prozent der Unternehmen, die von Zurückhaltung bei den Banken berichteten. Im Maschinenbau liege der Anteil bei 31,6 Prozent.
Generell treffen Hürden bei Kreditvergaben kleine und mittlere Unternehmen stärker als die Großen einer Branche. „Die können sich Geld beispielsweise über Anleihen auch am Kapitalmarkt besorgen“, so Klaus Wohlrabe. Dafür müssen sie zwar auch deutlich höhere Zinsen an Investoren zahlen als in der Niedrigzinsphase, aber die Anleihe ist am Ende immer noch die günstigere Variante. Und: „Der Handlungsspielraum für die Unternehmen ist dabei größer als beim Kredit“, erklärt Wohlrabe.
Bei den Banken spielt natürlich die Sorge um mögliche Firmenpleiten eine große Rolle. Schaut man auf die Zahlen des Statistischen Bundesamtes, sieht man für den September 2023 eine Zahl von Regelinsolvenzen, die um fast ein Fünftel über dem Wert des gleichen Vorjahresmonats liegt. Für Nordrhein-Westfalen hatte Patrik-Ludwig Hantzsch, der Leiter der Wirtschaftsforschung bei der Auskunftei Creditreform, zuletzt für das laufende Jahr einen Anstieg der Insolvenzzahlen auf das Niveau vor der Corona-Krise vorausgesagt. Damals hatte es mehr als 6000 Unternehmensinsolvenzen gegeben; das wäre gegenüber dem vergangenen Jahr ein Plus in Nordrhein-Westfalen von 60 Prozent.
Insofern sind höhere Kreditzinsen auch eine Art Risikoprämie an die Geldhäuser. Das Düsseldorfer Beratungsinstitut Barkow Consulting sah die Zinsen für Unternehmenskredite im August auf dem höchsten Stand seit 14 Jahren und bezifferte den Zins bei einer Laufzeit von fünf Jahren auf durchschnittlich 4,79 Prozent. Gegenüber dem Tiefststand von 0,92 Prozent im August 2019 habe sich das Zinsniveau für Unternehmenskredite damit mehr als verfünffacht.