Charles Dallara warnt Europa Banken bleiben gegenüber Athen hart

Charles Dallara, Unterhändler des internationalen Bankenverbandes, warnt Europa vor einem erzwungenen Schuldenschnitt für Griechenland: Bei einem unfreiwilligen Forderungsverzicht der Banken drohe eine "ungeordnete Staatspleite" und die Beteiligung öffentlicher Gläubiger wie der EZB.

Berlin/Zürich Es sind knallharte Verhandlungen, die der Amerikaner Charles Dallara mit den Europäern über den geplanten Schuldenschnitt für Griechenland führt: Beide Seiten, auf der einen Dallara, der Geschäftsführer des internationalen Bankenverbandes IIF, auf der anderen die griechische Regierung und ihre Partner in der Euro-Zone, ließen gestern einmal mehr ihre Muskeln spielen. "Es ist wichtig, dass alle Parteien erkennen, wie viel auf dem Spiel steht", warnte Dallara die europäischen Regierungen. Würde der Forderungsverzicht der Banken, Versicherungen und Hedgefonds, die er vertritt, erzwungen, drohe Griechenland eine "ungeordnete Staatsinsolvenz".

Seit Tagen pokert IIF-Vertreter Dallara mit dem griechischen Finanzminister Evangelos Venizelos über die konkreten Konditionen des vorgesehenen Schuldenerlasses. Bereits Anfang Dezember hatten die EU-Staats- und Regierungschefs den privaten Gläubigern des krisengeschüttelten Landes die Zusage abgerungen, "freiwillig" auf 50 Prozent ihrer Forderungen oder insgesamt 100 Milliarden Euro zu verzichten. Auch dadurch sollte der griechische Schuldenstand von derzeit fast 170 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) bis 2020 auf 120 Prozent gedrückt werden.

Die genauen Bedingungen des Schuldenschnitts blieben im Dezember jedoch noch offen. Zu hohe Zinskosten Athens würden den dringend nötigen Schuldenabbau verhindern. Die Gläubiger sollen daher neue Staatsanleihen mit 30-jähriger Laufzeit akzeptieren, deren Verzinsung unter vier Prozent liegt. Bis zum Jahr 2020 sollen die neuen Papiere sogar "klar weniger als 3,5 Prozent" abwerfen, verlangte Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker. Eine derart geringe Verzinsung würde jedoch bedeuten, dass die Gläubiger mehr als 70 Prozent des Gegenwartswerts ihrer Griechenland-Papiere verlieren.

Zuletzt hatten Dallara und Venizelos ein Modell erarbeitet, wonach für die neuen Bonds nach der Umschuldung Zinsen von vier Prozent gezahlt worden wären — doch die Eurogruppe der Finanzminister lehnte das Modell ab und schickte Venizelos zurück an den Verhandlungstisch. Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zeigte gestern harte Nerven: "Wir führen die Verhandlungen so fröhlich und wenig erpressbar wie möglich", sagte er. Drohungen "haben sie in jedem Basar, da muss man sich nicht so beeindrucken lassen".

Die griechische Regierung hatte den Banken damit gedroht, die Umschuldung notfalls per Gesetz zu erzwingen. Da 90 Prozent der Anleihen nach griechischem Recht begeben worden seien, könne die Regierung ein Gesetz beschließen, das die Umschuldung festlege. Auch der IIF hatte daraufhin mit rechtlichen Schritten gedroht. Hedgefonds spielten gar mit dem Gedanken, den internationalen Gerichtshof für Menschenrechte anzurufen.

Grünen-Politiker Gerhard Schick regte an, auch die Europäische Zentralbank (EZB) solle Griechenland noch mehr helfen. "Auch die EZB kann, ohne Verlust zu machen, einen Beitrag zur Senkung der Schuldenlast Griechenlands leisten", sagte Schick. Sie habe griechische Anleihen zu 60 bis 80 Prozent des Nennwerts, also mit deutlichen Abschlägen, gekauft. "Wenn sie vom griechischen Staat später 100 Prozent des Nennwerts zurückhaben will, geht die Differenz als Gewinn an die EZB. Das ist nicht sinnvoll. Vielmehr sollte diese Differenz zur Senkung der Schuldenlast Griechenlands genutzt werden", sagte Schick. "Man darf sich nicht der Illusion hingeben, dass diese Krise ohne Beteiligung des deutschen Steuerzahlers ausgehen wird."

Griechenland hat bisher zwar massive Einsparungen und Reformen im Parlament durchgepaukt, doch an der Umsetzung hapert es. Es gehe nicht nur um Zusagen, sondern auch ums "Liefern", betonte Schäuble. Auch sind die Parteien anders als in Portugal und Irland nur schwer auf Reformkurs zu halten. Nachdem die sozialistische Regierung unter Giorgos Papandreou gestürzt wurde und eine Übergangsregierung unter Lucas Papademos das Land steuert, soll bald neu gewählt werden. Die in Umfragen führenden Konservativen lehnen das Reformprogramm ab.

(RP)
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