Düsseldorf Bahn entschuldigt sich für Chaostage

Düsseldorf · Die Probleme auf der neuen Schnellstrecke zwischen Berlin und München kommen den Konzern teuer zu stehen. Ab einer Stunde Verspätung gibt es den vollen Fahrpreis und einen Reisegutschein in Höhe von mindestens 50 Euro.

Der nach Bahn-Angaben größte Fahrplanwechsel aller Zeiten ist gehörig daneben gegangen. Das räumte gestern die Chefin von DB Fernverkehr, Birgit Bohle, in einem Gespräch mit Journalisten ein. "Es ist nicht gut gelaufen", konstatierte die Managerin zerknirscht. "Wir entschuldigen uns dafür, dass wir nicht die Leistung erbracht haben, die wir versprochen haben."

Die Bahn kämpft seit der Umstellung des Fahrplans am vergangenen Wochenende mit massiven Problemen - insbesondere auf der prestigeträchtigen neuen Schnell-Verbindung zwischen Berlin und München, mit der der Staatskonzern den Fluggesellschaften etliche Kunden abjagen will.

Die dort eingesetzten ICE haben Probleme mit dem Zugsicherungssystem European Train Control System (ETCS), das zu schnell fahrende Züge automatisch abbremst. Insbesondere die Wegmessung (Odometrie) bereitet nach Angaben von Bohle Schwierigkeiten. "Dabei handelt es sich um eine Technik, die dem Zug anzeigt, wo er sich befindet, und daraus ableitet, wie schnell er unterwegs ist." Da allerdings in der Werkstatt ein Mitarbeiter einen falschen Raddurchmesser ins System eingegeben habe, habe der Zug permanent widersprüchliche Ergebnisse geliefert. Das überforderte ETCS habe daraufhin Zwangsbremsungen durchgeführt. Acht Züge hatten allein am Sonntag mit diesem Problem zu kämpfen. Hinzu kam eine sechsstündige Streckensperrung wegen eines Personenschadens nahe Ingolstadt.

Und auch auf den übrigen Strecken häuften sich die Probleme. Dabei habe der Sonntag noch recht vielversprechend angefangen, sagte Bohle. Bis zum Mittag hätten die Pünktlichkeitswerte sogar über dem Jahresdurchschnitt gelegen. Doch dann sei das Schneeband über die Republik gezogen. Hauptverbindungsachsen wie die zwischen Köln und dem Frankfurter Flughafen mussten über Stunden wegen des schlechten Wetters komplett gesperrt werden. Am Hauptbahnhof in Frankfurt fiel die Weichen-Heizungs-Anlage aus. Zahlreiche Weichenstörungen und auch der witterungsbedingte Ausfall von 16 ICE sowie zweier weiterer Schnellzüge durch Wildunfälle gaben dem fein austarierten Fahrplan endgültig den Rest. Noch am Montag seien die Auswirkungen vom Wochenende zu spüren gewesen. Sukzessive habe die Bahn die Probleme in den Griff bekommen. Allein die ICE der Baureihe 1 bereiteten weiter Schwierigkeiten. Bis zum Ende dieser Woche sollen diese auf der neuen Paradestrecke halbwegs abgestellt sein. Bis zum Wochenende werde sich die Situation im Linienverkehr weiter stabilisieren, sagte die Bahn-Fernverkehrschefin. Schon am Montag und Dienstag seien nur noch wenige Züge ausgefallen oder umgeleitet worden.

Auch auf den anderen Strecken will die Bahn "die Reisenden im Weihnachtsverkehr zuverlässig an ihr Ziel zu bringen", wie Bohle erklärte. Sie sei "zuversichtlich, dass wir das bis dahin weitgehend im Griff haben". Schaffen will das Unternehmen das beispielsweise durch den Einsatz von zusätzlichem Personal. In den Werkstätten werde rund um die Uhr gearbeitet.

Für die Bahn wird insbesondere das Fiasko auf der Schnellstrecke richtig teuer. Betroffenen Kunden will der Konzern mit Sonderkonditionen entgegenkommen: Normalerweise muss die Bahn bei einer Verspätung von einer Stunde nur 25 Prozent des Fahrpreises erstatten. Stattdessen sollen seit dem Wochenende betroffene Fahrgäste den vollen Fahrpreis erstattet bekommen und zusätzlich einen Reisegutschein von mindestens 50 Euro erhalten.

Kunden, die von einer mehr als einstündigen Verspätung auf der Strecke Berlin-München betroffen gewesen sind, können ihre Ansprüche entweder telefonisch unter der kostenfreien Rufnummer 08000 607060 oder über die E-Mail an kundendialog-nbs@dbdialog.de anmelden.

Wie hoch die Kosten aufgrund dieser Maßnahme und durch den zusätzlichen Personaleinsatz im Weihnachtsverkehr ausfallen, dazu gebe es noch keine Informationen, sagte Bohle. "Wir kümmern uns jetzt erst einmal darum, die Probleme abzustellen. Einen Kassensturz machen wir dann später."

(maxi)
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