Zahlen für NRW vorgelegt Was hinter dem Bäckerei-Sterben steckt
Düsseldorf · Es gibt immer weniger Bäckereien in NRW. Gleichzeitig steigt der Brotkonsum. Die Branche macht eine Marktbereinigung durch: Immer mehr Handwerksbetriebe gehen in größeren Filialketten auf.
Man hat sich daran gewöhnt: Pünktlich im April, wenn der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) die Zahlen des Vorjahres ausgewertet hat, machen wieder Meldungen zum Bäckerei-Sterben die Runde. Demnach sank die Zahl der handwerklichen Bäckereien in NRW in den vergangenen zehn Jahren um rund ein Drittel von 2396 auf jetzt nur noch 1631.
Stutzig macht allerdings, dass der Konsum von Backwaren stetig steigt. So wurden in NRW im Jahr 2017 - neuere Daten hat das Landesamt für Statistik noch nicht - allein in den 483 Industriebetrieben des Landes Backwaren im Wert von 4,31 Milliarden Euro hergestellt - 1,3 Prozent mehr als im Vorjahr. Gut ein Viertel davon wurde übrigens im Regierungsbezirk Düsseldorf hergestellt.
An gestiegenen Preisen allein kann das nicht liegen, denn auch mengenmässig legte die Backwaren-Produktion in NRW zu. Um 1,8 Prozent auf 1,24 Millionen Tonnen frisches Brot und Brötchen. Das entspricht in etwa auch der Entwicklung auf Bundesebene.
Allerdings „beziehen sich die Angaben auf Betriebe von Unternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten“, wie die Landesstatistiker erklären. Die Entwicklung des handwerklichen Bäckers von nebenan haben sie nicht erfasst.
Die durchaus ansehnlichen Erträge größerer Back-Betriebe einerseits und den nicht einbrechen wollenden Brotkonsum andererseits nahm das Branchen-Organ „Deutsche Handwerkszeitung“ schon 2017 zum Anlass, vom „Mythos Bäckersterben“ zu schreiben. Zitiert wird dort der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Bäckerhandwerks, Daniel Schneider, der das Gerede vom Bäckersterben für „übertrieben“ hält. „Beim Rückgang der Betriebszahlen handelt es sich vielmehr um einen Konzentrationsprozess“, der durch den allgemeinen Strukturwandel auf dem Backwarenmarkt ausgelöst wurde“, so Schneider.
Während die deutsche Backlandschaft in den 1950-er Jahren noch überwiegend von kleinen Familienbetrieben geprägt war, deren Verkäufe aus der eigenen Backstube kam, geht der Trend heute in Richtung zentrale Produktionsstätten mit Verkaufsstellen-Filialnetz. Der Klassiker: Ein handwerklicher Bäckermeister geht in den Ruhestand, findet keinen Nachfolger und verkauft an ein Filialnetz.
Ulrike Detmers, Präsidentin des Verbands Deutscher Großbäcker, sagte kürzlich der Welt am Sonntag: „Der Trend zu größeren Betriebseinheiten nimmt zu“. Gleichzeitig würden auch Supermärkte und Discounter in die Lücke stoßen und vermehrt Aufbackautomaten aufstellen. Ein Problem der Bäcker sei zudem der Nachwuchsmangel sowie der Hitzesommer 2018, der zu deutlich höheren Rohstoffkosten geführt habe.
In NRW war das Ladensterben sogar noch etwas stärker ausgeprägt als im gesamten Bundesgebiet. In Deutschland insgesamt sank die Zahl der Bäckereien seit Ende 2008 um knapp 30 Prozent auf 10926 Betriebe.
Eine ähnliche Entwicklung macht übrigens auch das Gewerk der Fleischer durch. Deren Fachbetriebe in NRW gingen von 2546 Ende 2008 auf nur noch 1664 Ende 2018 zurück und bundesweit von 18320 auf 12879. Anders als bei den Bäckern geht bei den Fleischern allerdings auch die Nachfrage zurück. 2017 sank der Fleischverbrauch in Deutschland auf den niedrigsten Wert seit zwei Jahrzehnten. In dem Jahr verspeiste der Bundesbürger im Schnitt rund 59,7 Kilogramm Fleisch.