Düsseldorf Autobauer eröffnen Kampf gegen Internetkonzerne

Düsseldorf · Frei nach dem Motto "Der Feind meines Feindes ist mein Freund" haben sich die Premium-Fahrzeugbauer Audi, BMW und Daimler zu einer ungewöhnlichen Allianz zusammengeschlossen: Die Konzerne haben für rund 2,8 Milliarden Euro den Kartendienst Nokia Here gekauft - 300 Millionen Euro zur Begleichung von Verbindlichkeiten, 2,5 Milliarden Euro gehen direkt an den finnischen Konzern.

"Der Kauf steht symbolisch dafür, dass die deutsche Automobilindustrie den Kampf der Welten - Auto- gegen Internetkonzerne - aufgenommen haben", sagte der Automobilexperte der Fachhochschule Bergisch Gladbach, Stefan Bratzel, unserer Zeitung.

Schon VW-Chef Martin Winterkorn war in den vergangenen Monaten nicht müde geworden, vor dem wachsenden Einfluss neuer Konkurrenten wie Apple und Google zu warnen. Apple hat mit seinem jüngsten Handy- und Tablet-Betriebssystem iOS 8 ein Programm namens "Car Play" eingeführt: Das iPhone lässt sich mit entsprechend ausgerüsteten Autos verbinden und mit einer vergleichbaren Benutzeroberfläche bedienen, die der Nutzer vom Handy kennt. Der Fahrer nutzt "Car Play" nicht nur als Freisprechanlage oder Jukebox, sondern vor allem als Navigationsgerät. Google ist mit "Android Auto" mit einem vergleichbaren Produkt auf dem Markt. Doch die Ambitionen reichen weiter: Google testet ein selbstfahrendes Auto, auch Apple soll ebenfalls an einem eigenen Wagen arbeiten.

Um die eigene Position zu sichern, hat das deutsche Triumvirat nun bei Nokia Here zugeschlagen, das mit seinen rund 6500 Mitarbitern und einem eigenen Management auch weiterhin eigenständig bleiben soll. Heute benutzen rund 80 Prozent der europäischen Fahrzeug-Navigationsgeräte Nokia-Here-Karten. Die Autobauer versicherten gestern mehrfach, dass auch andere Unternehmen, darunter auch branchenfremde Firmen, weiterhin Zugang zu den Karten von Here haben sollen. "Das ist nötig, damit Here zum Erfolg wird", meint Bratzel.

Künftig soll es möglich sein, dass die Wagen das Kartenmaterial verbessern. Wird in mehreren Wagen beispielsweise das ABS-System aktiviert und zugleich eine niedrige Außentemperatur gemessen, so könnten weitere Fahrer über ihre Navis vor Glatteis gewarnt werden. Auch könnte der Wagen dem Fahrer die optimale Fahrweise anzeigen, um eine "grüne Welle" zu erwischen.

All dies würde voraussetzen, dass das Auto die Daten an die Konzerne zurücksendet. "Die Autokonzerne haben mit Here den Rückkanal für Fahrinformationen, den sie sich schon lange gewünscht haben", erklärt Bratzel, "wichtig ist allerdings, dass sie nun in einer mit den Internetkonzernen vergleichbar schnellen Geschwindigkeit Anwendungen schaffen, um erfolgreich zu sein."

Die von den Konzernen vorangetriebene Digitalisierung hat im Übrigen auch ihre Schattenseiten: Der Autohersteller Chrysler musste in den USA 1,4 Millionen Wagen wegen einer Sicherheitslücke zurückrufen. Zwei Hacker hatten erfolgreich eine Sicherheitslücke in dem Unterhaltungssystem des Wagens ausgenutzt. Sie konnten die Bremsen, Geschwindigkeit, Klimaanlage und Radio eines Jeep Cherokee fernsteuern.

(maxi)
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