Strassburg Auftritt in Straßburgs "Hexenkessel"

Strassburg · Bei seinem Auftritt erntet Alexis Tsipras Buhrufe - aber auch Applaus.

Nur wenige Stunden nach dem Euro-Sondergipfel in Brüssel, auf dem der griechischen Regierung eine letzte Frist bis Sonntag gesetzt wurde, spricht Premier Alexis Tsipras im Straßburger Parlament. Richtungweisend für die Zukunft Europas sei die Debatte gewesen, sagt am Ende der Präsident des EU-Parlaments, Martin Schulz. Der Auftritt des griechischen Premiers umfasst vieles: merkwürdige politische Allianzen, tosenden Applaus und heftige Buhrufe. Von einem "Hexenkessel" im EU-Parlament spricht der Fraktionschef der Sozialisten und Demokraten, Gianni Pittella. Vor allem eines wird deutlich: welch tiefe Risse und heftige Emotionen die Krise hervorgerufen hat.

Eine Reihe von Parlamentariern, auch aus dem Block der Rechtsradikalen, haben Schilder mit dem griechischen Wort "Ochi" ("Nein") auf ihre Tische gestellt - dem Motto derjenigen, die das EU-Reformpaket beim griechischen Referendum ablehnten. An der Spitze der "Ochi"-Bewegung stand Tsipras.

Vor dem EU-Parlament sichert er erneut Reformen zu, etwa die Abschaffung des Systems zur Frühverrentung und ein gerechteres Steuersystem - wie viele Maßnahmen er umsetzen will, die am Sonntag von über 60 Prozent der Griechen abgelehnt wurden, sagt er nicht. Der Rede hört EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker mit skeptischer Miene zu. Dass Tsipras sagt, nur mit der EU-Kommission allein sei schon längst eine Lösung gefunden worden, lässt Juncker kalt. Im Gegenteil: Mit bebender Stimme wehrt sich der Luxemburger gegen frühere Vorwürfe aus Athen, dass seine Behörde Rentner und Arbeiter mit niedrigem Einkommen stärker belasten wollte.

Ausgerechnet der Chef der rechtspopulistischen Ukip-Partei aus Großbritannien, Nigel Farage, sowie die Front-National-Parteichefin Marine Le Pen wenden sich mit scheinbar warmen Worten an den Anführer der linken Syriza-Partei. Beide legen Tsipras den Austritt aus der Euro-Zone ans Herz. Der griechische Regierungschef, der sein Land in der Währungsunion halten will, schaut bemüht neutral.

Zwar bringt die Debatte im EU-Parlament keine inhaltliche Annäherung. Vielleicht hatte sie aber die reinigende Wirkung von aufgestauten Emotionen.

(rtr)
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