Düsseldorf Audi - aus der Not geborene Weltmarke

Düsseldorf · Heute vor 105 Jahren ließ August Horch sein Unternehmen Audi Automobil-Werke GmbH ins Handelsregister der sächsischen Stadt Zwickau eintragen. Ein Schüler hatte dem Ingenieur den entscheidenden Anstoß gegeben.

Die Geschichte einer der erfolgreichsten deutschen Marken handelt von Mut, Misserfolgen, Hartnäckigkeit und glücklichen Umständen. Und sie ist eng verbandelt mit einem Ingenieur namens August Horch. Der 1868 im rheinland-pfälzischen Winningen geborene Horch hatte bei seinem Vater das Schmiedehandwerk erlernt und Maschinenbau in Sachsen studiert.

Bei Carl Benz in Mannheim stieg er zum Leiter für den Motorenwagenbau auf. Doch seinem Arbeitgeber wurden die ständigen Ideen und Änderungswünsche des jungen Abteilungsleiters zum Graus. Horch verließ frustriert das Unternehmen, um sich mit der Firma Horch & Cie. selbst ans Werk zu machen. Sein erstes eigenes Auto baute der damals 31-Jährige 1899 noch in einem Pferdestall in Köln-Ehrenfeld.

Die Lust auf Neues ließ Horch nie wieder los. Doch die Erfolge seiner Firma, die inzwischen von Köln ins sächsische Zwickau umgesiedelt und zur Aktiengesellschaft umgewandelt worden war, blieben aus. Nach zehn Jahren überwarf er sich mit der kaufmännischen Leitung - ein Konflikt, bei dem er den Kürzeren zog und die Firma verlassen musste. Horch gab sich stur. In Sichtweite seiner alten Firma Horch & Cie. gründete er erneut ein Unternehmen und gab ihm wieder seinen Namen. Das konnte die Horch-Geschäftsführung nicht auf sich sitzen lassen. Sie prozessierte gegen August Horch, der am Ende unterlag.

Was also tun? Bei einem Mitarbeiter und Freund saß Horch daheim und sinnierte darüber, wie er seine Firma nennen könne - bis der zehnjährige Sohn seines Freundes die zündende Idee hatte: "Horch" heißt auf Lateinisch "Audi", wusste der Schüler. Horch war begeistert, unterzeichnete fortan seine Korrespondenz mit "Ihr Audi-Horch". Am 25. April 1910, heute vor 105 Jahren, ließ er die Audi Automobil-Werke GmbH ins Handelsregister eintragen und machte sich an die Arbeit: Er führte die Linkslenkung und Mittelschaltung ein und baute immer stärkere Motoren - erst zehn, dann 35 und später sogar 50 PS stark. Und er erkannte, dass er mit werbewirksamen Aktionen seine Marke bekannt machen musste: So ließ er seine Fahrzeuge bei den österreichischen Alpenfahrten, einem 3000 Kilometer langen Rennen, an den Start gehen - dreimal siegreich.

Ironie der Geschichte: Wenige Jahre später - die Weltwirtschaftskrise war in vollem Gange - schlossen sich die Firmen Horch und Audi gemeinsam mit Wanderer und DKW zum Unternehmen Auto Union zusammen. Noch heute symbolisieren die vier ineinander verschlungenen Ringe dieses Gebilde. Nur gemeinsam waren sie stark genug, um versäumte Rationalisierungsmaßnahmen auszugleichen. Denn die Konkurrenz aus den USA, die längst auf Fließbandfertigung setzte, war zu einer Bedrohung geworden.

Der eigentliche Aufstieg begann für Audi jedoch erst nach dem Krieg. Der hoch betagte Horch erlebte noch mit, wie aus einem Auto-Union-Ersatzteillager in Ingolstadt ein neues Unternehmen erwuchs. Finanzkräftige Geldgeber wie der Unternehmer Friedrich Flick, aber auch die Daimler-Benz AG - also eben jenes Unternehmen, bei dem Horch seine Karriere begann -, stiegen bei der Auto Union ein. 1965 übernahm VW die Mehrheit. Es dauerte noch bis 1985, ehe das VW-Premiumsegment wieder in Audi umbenannt wurde.

Heute ist Audi eine der wertvollsten Marken der Republik. Auf 6,21 Milliarden Euro schätzt die Agentur Interbrand den Markenwert der Ingolstädter. Das Geschäft in den USA lief zuletzt hervorragend. Audi verzeichnete im Vergleich zum Vorjahr ein Umsatzplus von 20 Prozent. Auch der Absatz in China boomt.

Horch, der 1951 starb, wäre wohl zufrieden mit der Unternehmensentwicklung - und doch würde er immer neue Innovationen einfordern. Übrigens ging es dem Firmengründer wie so einigen berühmten Fußballspielern der heutigen Zeit: Er fuhr zwar Auto, besaß aber zeitlebens keinen Führerschein.

(RP)
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