Düsseldorf AT&T interessiert an Vodafone

Düsseldorf · Der wertvollste Telefonkonzern der westlichen Welt, AT&T, denkt schon lange über neues Wachstum nach. Als äußerst plausibles Ziel kommt nun Vodafone ins Gespräch. Doch es gibt auch andere Optionen im Telefon-Monopoly.

Randall Stephenson ist es als Chef vo AT&T, dem wichtigsten und bekanntesten Telefonkonzern der USA, gewohnt, den großen Wurf zu wagen. Erst vor zwei Jahren versuchte er im Heimatmarkt einen der wichtigsten Konkurrenten per Übernahme auszuschalten: Für umgerechnet 28 Milliarden Euro wollte er T-Mobile USA, den dortigen Ableger der Deutschen Telekom, schlucken. Die Regierung verbot das Geschäft — die Marktmacht des neuen Joint-Venture wäre mit einem Marktanteil von mehr als 40 Prozent im US-Mobilfunkmarkt zu groß gewesen.

Jetzt scheint Stephenson ein noch viel größeres Ziel anzuvisieren: Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg ist AT&T daran "interessiert", Europas wichtigsten Telefonkonzern Vodafone zu kaufen. Der Preis würde mindestens beim Börsenwert Vodafones von 130 Milliarden Euro liegen — wahrscheinlich noch höher.

Auslöser der neuen Überlegungen ist ein anderer geplanter Deal: Vodafone will in den nächsten Tagen seinen Minderheitsanteil von 45 Prozent bei Amerikas größtem Mobilfunker Verizon Wireless abgeben — Käufer wäre Verizon, Amerikas zweitgrößter Telefonkonzern nach AT&T. Und weil Vodafone dann in den USA nicht mehr präsent wäre, könnte AT&T wiederum Vodafone auf der anderen Seite des Atlantiks übernehmen. "Solange Vodafone in den USA präsent ist", sagt Frank Rothauge, langjähriger Telekomanalyst bei verschiedenen Banken, "ist ein Kauf für die großen US-Telefonkonzerne tabu. Aber nach einem Ausstieg von Vodafone bei Verizon Wireless sind ganz neue Szenarien denkbar."

Eines davon ist tatsächlich die Übernahme durch AT&T. Erstmals würde ein fast globaler Telefonriese entstehen. Vodafone würde mit 400 Millionen Kunden fast alle Länder Europas sowie eine Reihe spannender Entwicklungsländer wie Indien oder Südafrika in die Firmenehe einbringen. AT&T wiederum würde 100 Millionen Kunden aus den USA, ein wachsendes Festnetzgeschäft sowie gute Verbindungen nach Lateinamerika liefern. "Gemeinsam könnten sie Vielreisenden attraktive Angebote machen", sagt Analyst Rothauge, "und gemeinsam könnten sie bei Lieferanten wie Apple bessere Preise durchsetzen."

Schönheitsfehler der Operation wäre aber, dass die stolze Vodafone in London nur noch Ableger von AT&T im texanischen Dallas wäre. Und nichts hasst Vodafone-Chef Vittorio Colao mehr, als nicht Primus zu sein. Der Italiener hatte 1999 sogar Vodafone für fünf Jahre verlassen, weil er damals noch nicht Chef wurde.

Aber eine Gegenaktion ist möglich. "Als Abwehr könnte Vodafone sich nach dem Ausstieg bei Verizon Wireless bei T-Mobile USA einkaufen", sagt Rothauge. Was wäre der Sinn der Aktion? Erstens: Vodafone hätten einen selbst kontrollierten US-Ableger, anstatt nur Juniorpartner zu sein. Zweitens: AT&T könnte Vodafone nicht mehr attackieren —denn damit würde es ja auch den US-Wettbewerber T-Mobile USA schlucken. Würde die Telekom verkaufen? "Bei einem guten Preis ja", sagt ein Telekom-Manager.

(RP)
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