Standortsuche in Deutschland Atommüll-Endlager im Tagebau möglich

Düsseldorf · Die Suche nach einem sicheren Ort für radioaktiven Abfall läuft. Das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung mahnt zur Eile, denn Zwischenlager sind keine Lösung. Auch in NRW kommen viele Standorte infrage.

 Atommüll.

Atommüll.

Foto: dpa/Sebastian Kahnert

In 20 Monaten werden in Deutschland die letzten drei Atommeiler abgeschaltet. Doch mit deren Erbe ist Deutschland noch lange nicht fertig. Es wird noch Jahre dauern, bis der Standort für das Endlager der hochradioaktiven Abfälle gefunden ist. „Es müssen jetzt zügig die nächsten Schritte eingeleitet werden. Denn Zwischenlager sind keine Dauerlösung. Beton, Wachmannschaften, Stacheldraht können nicht die Sicherheit ersetzen, die die Geologie dauerhaft bietet“, warnte Wolfram König, Präsident des Bundesamtes für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung, im NRW-Landtag. Dort zeigt das Amt gerade in einer Ausstellung, wie die Standortsuche erfolgt.

Welche Gebiete kommen infrage? Für einen Endlagerstandort kommen bundesweit für eine weitere Betrachtung 54 Prozent der Flächen infrage, in NRW sind es rund 30 Prozent, so haben es Wissenschaftler 2020 ermittelt. „Als nächstes steht die Konzentration auf wenige Standorte an, die dann detaillierter untersucht werden“, erläutert König. Die Bundesgesellschaft für Endlagerung, die König beaufsichtigt, ist beauftragt, die Fläche von 54 Prozent auf wenige Standortregionen einzudampfen. Der Bundestag muss dann die weitere Erkundung dieser Regionen bestätigen. Am Ende soll zwischen zwei Standorten entschieden werden.

Um welche Gebiete geht es in NRW? NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) sieht das Land nicht als „Endlager-Hotspot“. Doch auch hier kommen diverse Gebiete in Betracht: „Es gibt sieben Bereiche in NRW, insbesondere mit Salz- und Tonvorkommen, die nach dem jetzigen Kenntnisstand geeignet sind, um sie sich genauer anzusehen“, sagt König. Dazu zählen Teile des Niederrheins, das Münsterland etwa bei Bocholt und Teile Ostwestfalens. Das Ruhrgebiet scheidet dagegen wegen des Bergbaus aus. „Gebiete des Steinkohle-Bergbaus sind bereits ausgenommen worden. Der Bergbau geht zu tief in die tiefengeologischen Bereiche herunter, damit kann die Geologie keine sichere Kapsel mehr um den Atommüll bilden“, erläutert König. Was manche vielleicht überrascht: In Braunkohle-Revieren sieht es anders aus: „Braunkohle-Gebiete sind im ersten Schritt nicht per se aus der Betrachtung herausgenommen worden, Tagebaue gehen ja nicht in große Tiefen“, betont König. „Auch hier kommt es auf die konkrete geologische Situation vor Ort an.“

Welche Gesteine sind besonders geeignet? „Alle Gesteinsschichten haben Vor- und Nachteile“, erläutert König. Salzschichten sind vorteilhaft, weil sie Risse gut abdichten und auch Wärme gut ableiten. Andererseits erfordern sie aufwendige Stabilisierungen. Granitschichten brauchen das nicht, dichten aber nicht gut ab. Tonschichten liegen bei Vor- und Nachteilen in der Mitte. „Daher muss man sich die Lage vor Ort genau ansehen“, so König.

Wie wird der Standort bestimmt? Keiner will ein Endlager haben, aber irgendwo muss der Atommüll hin. „In der Vergangenheit ist der Eindruck entstanden, dass primär nicht-wissenschaftliche Erkenntnisse eine Rolle gespielt haben, dass es um rein politische Entscheidungen ging“, sagt König mit Blick auf den Kampf um Gorleben. „Nun hat man sich auf ein transparentes, wissenschaftliches Verfahren verständigt. Alle haben die Möglichkeit, sich zu beteiligen, alles wird dokumentiert“, so der Behördenchef. „Ob dieser Prozess wie geplant bis 2031 gelingt, wird man sehen. Wir sind aktuell über der vorgesehenen Zeit für die erste Annäherung, der Ausweisung von Teilgebieten.“ Derzeit berät eine Fachkonferenz über erste Stellungnahmen, sie wird voraussichtlich im September einen Bericht vorlegen. Wenn die Standorte eingegrenzt sind, soll es Regionalkonferenzen geben.

Wie läuft die Debatte in NRW? „Einige Gebiete in unserem Land kommen nach den geologischen Daten für ein Endlager grundsätzlich infrage. Es wäre wünschenswert, wenn hier schneller als geplant Klarheit geschaffen wird“, sagt Wibke Brems, energiepolitische Sprecherin der Grünen im Landtag. Ihre Fraktion bekenne sich zur Verantwortung des Bundes und aller Länder. „Dieses Verantwortungsbewusstsein erwarte ich auch von den anderen Fraktionen im Landtag und den Verantwortlichen in allen Bundesländern.“ Auch König betont: „Wir stehen für alle weiteren Generationen in der Pflicht, uns um den sicheren Verbleib dieser hochgefährlichen Abfälle zu kümmern.“

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