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Athen: Anleger ziehen Geld ab

Aus Angst vor einem Ausscheiden ihres Landes aus der Euro-Zone räumen die Griechen an nur einem Tag 900 Millionen Euro von ihren Bank-Konten. Die EU-Kommission und die Bundesregierung lehnen Nachverhandlungen der Spar-Auflagen ab. Die Neuwahlen sollen am 17. Juni stattfinden.

Berlin/Athen In Griechenland und auch in der Euro-Zone wächst die Angst vor einem Ansturm der Bürger auf die Banken. An einem einzigen Tag sollen die Griechen in dieser Woche bereits 900 Millionen Euro von ihren Konten abgezogen und ins Ausland geschafft haben. Staatspräsident Karolos Papoulias warnte vor einer bedrohlichen Entwicklung. Von langen Schlangen vor den Banken war zwar noch wenig zu sehen, doch könnte auch die schleichende Kapitalflucht die ohnehin schon schwierige Lage der griechischen Banken verschärfen. Die Europäische Zentralbank (EZB) erklärte, sie werde die griechischen Banken weiter unterstützen.

Die Plünderung griechischer Sparkonten in großem Umfang könnte das Banken- und damit das gesamte Wirtschaftssystem zum Einstürzen bringen. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und die Bundesregierung versuchten die Griechen gestern zu beruhigen: Man wolle Griechenland in der Euro-Zone halten. Das griechische Volk habe es selbst in der Hand, den drohenden Staatsbankrott und ein Ausscheiden aus dem Euro-Raum zu verhindern, indem es bei der Neuwahl am 17. Juni pro-europäischen Parteien den Vorzug gebe.

Seit Ausbruch der Krise Anfang 2010 haben die Griechen bereits hohe Summen ins Ausland transferiert. Die Einlagen der Privathaushalte verringerten sich nach Angaben der staatlichen Notenbank seit Anfang 2010 von 195 auf 140 Milliarden Euro im März 2012. In Steueroasen wie der Schweiz sollen schwerreiche Griechen etliche Milliarden Euro angelegt haben.

Präsident Papoulias hatte die Beschleunigung der Kapitalflucht bekannt gemacht, um den griechischen Politikern den Ernst der Lage des Landes bewusster zu machen. Den Chef des radikalen Linksbündnisses, Alexis Tsipras, beeindruckte dies jedoch wenig: "Ach was! Sie haben jetzt entdeckt, dass das Geld ausfließt. Es sind doch seit Ausbruch dieser Krise 73 Milliarden Euro verloren gegangen", zitierte die griechische Presse Tsipras´ Reaktion. Die dramatische Situation werde ihn nicht dazu bewegen, mit den Konservativen und den Sozialisten zu kooperieren, um eine Regierung zu bilden. Die Parteichefs einigten sich nach einem Treffen mit Präsident Papoulias gestern wenigstens auf den Vorsitzenden des Obersten Verwaltungsgerichts, Panagiotis Pikrammenos, als Chef der Übergangsregierung bis zur Neuwahl.

Der Senkrechtstarter Tsipras könnte als großer Sieger aus dem Wahlgang hervorgehen. Tsipras will den mit der Europäischen Union (EU) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) vereinbarten Spar- und Reformkurs aufkündigen. Gleichwohl will er Griechenland jedoch im Euro halten. Der 37-jährige Parteichef ist wie viele Griechen davon überzeugt, dass die Europäer einen Staatsbankrott Griechenlands nicht riskieren wollen. Die Hoffnungen der Griechen liegen zudem auf dem neuen französischen Präsidenten Francois Hollande, dem viele zutrauen, das angebliche "Spardiktat" von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) durchbrechen zu können.

Sollte eine neue griechische Regierung die Sparauflagen der EU und des IWF ablehnen, müssten die Geldgeber Griechenland Ende Juni den Geldhahn zudrehen. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erklärte gestern erneut, eine Lockerung der Auflagen werde es nicht geben. Griechische Banken würden aber nach einem Staatsbankrott keine Euro mehr von der EZB erhalten. "Das würde zu einem Kollaps in Griechenland führen. Dann bliebe dem griechischen Parlament nicht anderes mehr übrig, als die Drachme wieder einzuführen", sagte Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank in Frankfurt. "Wenn es zu einem Ausscheiden Griechenlands käme, muss man mit heftigen Turbulenzen an den Finanzmärkten rechnen. Die Rezession in der Euro-Zone würde sich in die Länge ziehen. Es kann zu Ansteckungseffekten führen, aber wir glauben nicht, dass die Euro-Zone auseinanderbrechen wird."

Wahrscheinlich ist, dass die Regierungsbildung in Griechenland auch nach der Neuwahl am 17. Juni scheitert. In diesem Fall könnte Papoulias erneut versuchen, eine Expertenregierung zu installieren.

(RP)
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