Düsseldorf Argentiniens Pleite – Vorbild für die Griechen?

Düsseldorf · Seit 2003 weist Argentinien Wachstumsraten auf, von denen wir nur träumen können. Abgesehen von 2009, betrug der schlechteste Wert seither 6,8 Prozent, der höchste 9,2. Für 2011 wurde das Wachstum auf acht Prozent geschätzt – Zahlen, wie man sie aus China kennt. Nur, dass das Reich der Mitte zwei Jahre vor dem Beginn des Booms nicht bankrott war. Die Argentinier sind dagegen ein signifikantes Staatspleiten-Beispiel – und eines dafür, wie ein Land nach einem Kollaps wieder Erfolg haben kann. Die Frage, die sich anschließt: Können die Südamerikaner Vorbild für Griechenland sein?

Die Bilder gleichen sich. Kollaps der nicht wettbewerbsfähigen Wirtschaft im Lande, Kapitalflucht, exorbitante Verschuldung. Aber es gibt einen entscheidenden Unterschied: Die Argentinier, die in den 80er Jahren ihre Landeswährung Peso 1:1 an den US-Dollar gekoppelt hatten, entschieden selbst über die Abwertung des Peso, die ihre Exporte billiger und die einheimische Wirtschaft konkurrenzfähiger machte. Die Griechen können das nicht nachahmen. Ihre Währung ist die Währung 16 anderer europäischer Staaten. Wenn Hellas selbst entscheiden will, muss es sich freiwillig aus der Euro-Zone lösen.

Dass die Griechen ihre Probleme innerhalb der Währungsunion dauerhaft in den Griff bekommen, erscheint vielen undenkbar – allen Hilfs-Zusicherungen und Treueschwüren zum Trotz. Und: Selbst wenn die Griechen alles erfüllen, was die EU ihnen abverlangt, selbst wenn der nächste Kredit ausgezahlt wird und der Schuldenschnitt klappt – wie kann Griechenland ohne Wirtschaftskraft aus dem Tal herausfinden? Und verweigert Europa dann doch die Rettung?

Die oft wiederholte These der Austritts-Befürworter: Austritt aus der Währungsunion, Abwertung der neuen, eigenen Währung, Verbilligung der Produkte, Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. "Die Griechen hätten dann die Chance, sich aus dem Schlamassel rauszuarbeiten", glaubt Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer.

So wie Argentinien. Ende 2001, auf dem Höhepunkt der Krise, schuldete das Land der Gauchos ausländischen Gläubigern etwa 160 Milliarden amerikanische Dollar. Bankkonten wurden eingefroren, die Bürger gingen auf die Barrikaden, es gab Tote und Verletzte. Argentinien versank im Chaos.

Dass der Riese in Südamerika eminent schnell wieder auf die Beine kam und schon 2003 ein gesundes Wachstum schaffte, ist vor allem einer milliardenschweren Zwischenfinanzierung durch den Internationalen Währungsfonds zu verdanken. Und einem Verzicht von Gläubigern, der allerdings höchst umstritten war, weil ein Viertel derer, denen die Argentinier Geld schuldeten, dem Angebot aus Buenos Aires nicht folgen wollte. Vor allem Ausländer wehrten sich gegen den Umschuldungsplan. Ansprüche, die Kleinanleger – auch aus Deutschland – angemeldet hatten, mündeten in Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht. In der Hinsicht kann Argentinien kein Vorbild sein.

Das Problem der mangelnden Wettbewerbsfähigkeit der griechischen Wirtschaft löst eh kein Schuldenschnitt der Welt. Und deshalb, so sagen viele Experten, gibt es am Ende keinen anderen Ausweg für die Griechen als einen Neuanfang außerhalb der Euro-Zone.

(RP)
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