Betriebsrat und ver.di lassen Rechtsgutachten erstellenCommerzbank kündigt Betriebsrenten
Frankfurt/Main (rpo). Die Commerzbank hat ihren rund 24.000 Mitarbeitern die Betriebsrenten gekündigt. Sowohl der Betriebsrat als auch die Gewerkschaft ver.di sind mit der Kündigung gar nicht einverstanden. Außerdem ist das Thema auch im Aufsichtsrat offenbar nicht bekannt gewesen.Die Kündigung begründete die Bank in einem Schreiben an die Beschäftigten, das der Nachrichtenagentur AP vorliegt, mit "der schwierigen wirtschaftlichen Lage der Bank". Uwe Foullong, Arbeitnehmervertreter im Commerzbank-Aufsichtsrat, kündigte am Dienstag Widerstand gegen die Kündigung der entsprechenden Betriebsvereinbarung an; es sei bereits ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben worden. Foullong sagte, die Kündigung der Betriebsvereinbarung sei dem Konzernbetriebsratschef Uwe Tschäge am 30. Dezember 2003 "per Kurier in den Weihnachtsurlaub" zugestellt worden. Für die Vereinbarung gebe es eine einjährige Kündigungsfrist. Von der Arbeitnehmerseite sei vorher niemand informiert worden. Dass "solche dramatischen, drastischen Einschnitte" auch kein Thema im Aufsichtsrat gewesen seien, bezeichnete Foullong als "skandalöses Vorgehen". Der Gewerkschafter betonte, es gehöre zum guten Ton und Stil in der Finanzdienstleistungsbranche, die Betriebsrente geregelt zu haben. Dies nicht zu tun sei kein gutes Vorbild gegenüber Märkten und Kunden und im Übrigen "wirklich eine neue Dimension in der Personalpolitik". Bei der Commerzbank seien in den vergangenen zwei Jahren 6.000 Stellen im Konzern gestrichen worden. "Darunter haben die Beschäftigten schon gelitten, jetzt werden die Verbleibenden durch geringere Renten bestraft." Der Vorstand strebe Ertragssteigerungen an, demotiviere aber das Personal. "Das ist dilettantisch", schimpfte Foullong. Außerordentliche GesamtbetriebsratssitzungEr berichtete zugleich, die Gewerkschaft ver.di und der Gesamtbetriebsrat der Commerzbank hätten ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Dieses solle zunächst prüfen, ob die Kündigung der Betriebsvereinbarung überhaupt rechtmäßig erfolgt sei. Das Gutachten solle am 22. Januar vorliegen, dann würden bei einer außerordentlichen Gesamtbetriebsratssitzung weitere Schritte festgelegt. Nach einem Bericht des "Handelsblattes" (Dienstagausgabe), soll die Maßnahme dem Unternehmen Einsparungen in zweistelliger Millionenhöhe bringen. Ein Sprecher sagte gegenüber AP, die bislang angesparten Betriebsrenten der Mitarbeiter blieben zwar erhalten, ab dem kommenden Jahr zahle die Bank aber nichts mehr zu. Im November 2003 hatte die Commerzbank in einem in der Bankenlandschaft einmaligen Schritt den Wert von Tochterfirmen und Beteiligungen um 2,3 Milliarden Euro gesenkt. Dadurch werde die Bank 2003 einen Bilanzverlust von rund 2 Milliarden Euro ausweisen, zugleich aber auch ihre stillen Lasten los, hieß es damals.Keine Pläne bei Deutscher und Dresdner BankSprecher der Deutschen Bank und der Dresdner Bank erklärten auf Anfrage, bei ihnen gebe es derzeit keine Überlegungen zum Abbau der Betriebsrenten. Dresdner-Bank-Sprecher Karl-Friedrich Brenner sagte, die Säule der Altersversorgung stehe nicht zur Debatte, es seien weder Streichungen noch Kürzungen geplant. Unterdessen machte aber der Bankenexperte Professor Wolfgang Gerke einen wachsenden Trend bei Banken aus, sich mit diesem Mittel attraktiver zu machen. Im ZDF-"Morgenmagazin" sagte der Wirtschaftswissenschaftler, zwar sei die Kündigung ein erster Fall dieser Art bei einer Bank, doch die anderen deutschen Kreditinstitute seien "auch nicht mit guten Ergebnissen gesegnet".