Düsseldorf Architekt der Thyssenkrupp-Fusion

Düsseldorf · Im Alter von 85 Jahren ist Heinz Kriwet gestorben. Vier Jahrzehnte hat der Manager für Krupp, Thyssen und Thyssenkrupp gearbeitet. Ohne ihn wäre der Zusammenschluss Mitte der 90er Jahre kaum denkbar gewesen.

So mancher erinnert sich noch daran, als sei es gestern passiert. Dabei ist es schon 20 Jahre her. Fast auf den Tag genau sogar. Damals, Mitte März 1997, rieb sich die Wirtschaftswelt ziemlich verwundert die Augen. Wie bitte, Krupp will Thyssen übernehmen? Den wesentlich größeren Konkurrenten aus Düsseldorf? Und das auch noch gegen dessen Willen? Zu Ostern 1997 war Deutschland eben noch nicht bereit für eine feindliche Übernahme dieser Art. Gerhard Cromme, der Krupp-Chef, war für viele zunächst der Buhmann der Republik. Die feindliche Übernahme scheiterte schließlich; an ihre Stelle trat eine recht friedliche Fusion.

Einer, dem die aggressive Art des Angreifers aus dem Ruhrgebiet sauer aufgestoßen sein muss, war Heinz Kriwet. Dem früheren Vorstands- und Aufsichtsratsvorsitzenden von Thyssen, der jetzt im Alter von 85 Jahren gestorben ist, wurde sogar eine Krupp-Phobie nachgesagt. Dennoch gilt Kriwet als einer der Architekten des Zusammenschlusses, der damals über Wochen und Monate die Schlagzeilen beherrschte, und als einer, der die Stahlindustrie an Rhein und Ruhr maßgeblich geprägt hat.

Auch weil er beide Konzerne in- und auswendig kannte. Der gebürtige Bochumer machte 1952 Abitur, dann eine kaufmännische Ausbildung. Es folgte ein Volkswirtschaftsstudium in Köln und Freiburg mit anschließender Promotion. Karriere in der Stahlbranche machte der Sohn eines Zoll-Angestellten ab 1960 - zunächst als Trainee bei der Düsseldorfer Wirtschaftsvereinigung Eisen- und Stahlindustrie, dann im Vorstand der damaligen Krupp Hüttenwerke. 1973 wechselte er als Vorstandsmitglied zum Düsseldorfer Konkurrenten Thyssen, wo er zunächst die Stahlsparte übernahm, ehe er 1991 Vorstandsvorsitzender des Konzerns wurde. Den Job behielt er bis 1996, dann wechselte er kurz vor Ablauf seines Vertrages auf den Posten des Chefkontrolleurs.

"Heinz Kriwet hat in seiner 40-jährigen Berufslaufbahn bei Krupp, Thyssen und Thyssenkrupp in ganz besonderem Maße dazu beigetragen, dass sich das Unternehmen bis zu seiner heutigen Größe entwickelt hat", erklärte gestern Ulrich Lehner, derzeit Aufsichtsratsvorsitzender von Thyssenkrupp. Stimmt. Aber zur Biografie des fünffachen Vaters Kriwet gehört auch, dass er am Ende seiner Thyssenkrupp-Karriere heftig umstritten. war. Er hatte seine Zustimmung zur Fusion mit dem Werben für eine Doppelspitze verknüpfte, um den Einfluss von Thyssen sicherzustellen, und dies gelang auch vorübergehend.

Doch mit zunehmender Kritik an diesem erfolglosen Führungsmodell wuchs auch die Kritik am Aufsichtsratsvorsitzenden Kriwet. Am Ende wurde der Druck zu groß. Ende September 2001 gab Kriwet die Führung des Kontrollgremiums an Cromme ab. Danach wurde es stiller um ihn.

Heinz Kriwet ist im Urteil mancher Zeitgenossen im Vergleich zu Vorgängern wie Hans-Otto Sohl und Dieter Spethmann an der Thyssen-Spitze immer ein bisschen unauffällig geblieben. Aber er hat sozusagen Karriere mit Ansage gemacht: Nach dem Abitur, so ist überliefert worden, habe Kriwet einmal gesagt, werde er irgendwann Minister oder Vorstandsmitglied in der Stahlindustrie. Zielstrebigkeit und Hartnäckigkeit bei der Verfolgung seiner Ziele hat man ihm attestiert. Attribute, die man braucht, wenn man wie Kriwet mit 38 jüngstes Vorstandsmitglied bei Krupp sein will.

Bekannt ist der Name Kriwet aktuell vor allem durch Tochter Carla, zwischen 2013 und 2015 Chefin von Philips Deutschland, heute Leiterin des Philips-Geschäftsbereichs Patientenüberwachung und stellvertetende Aufsichtsratschefin der Kinderrechtsorganisation "Save the children".

(RP)
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