Arbeitsrecht: Karneval herrscht kein Ausnahmezustand

Fünf tolle Tage stehen uns bevor. Aber ist im "Ausnahmezustand" alles erlaubt? Keineswegs, Arbeitnehmer sollten einige Regeln beachten, damit am Aschermittwoch nicht im Job alles vorbei ist.

Karneval 2012: Düsseldorfer schunkeln sich warm
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Wer Altweiber Krawatten abschneidet oder Rosenmontag im Job Alkohol trinkt, kann Probleme mit seinem Arbeitgeber bekommen. Einiges ist dennoch erlaubt. Wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten zusammengestellt.

Muss der Chef für Karneval freigeben?

Nein, darauf haben nicht einmal Rheinländer Anspruch. Dem Arbeitnehmer bleibt nur, Urlaub zu nehmen. Zwei Ausnahmen sind denkbar: In manchen Tarif- und Arbeitsverträgen ist vereinbart, dass am Rosenmontag die Arbeit ruht. Und wenn Karnevals-Freizeit als "betriebliche Übung" eingestuft wird, kann sich der Arbeitnehmer darauf berufen. Damit meinen Juristen: Wenn ein Arbeitgeber über drei Jahre hinweg vorbehaltlos und ohne Einschränkung etwa an Rosenmontag freigegeben hat, muss er das generell auch zukünftig tun.

Darf ich kostümiert arbeiten?

Es kommt darauf an: Schutzkleidung wie in Bauberufen darf der Arbeitnehmer natürlich nicht durch ein Piraten-Kostüm ersetzen. Ist bestimmte Kleidung vorgeschrieben, muss sie auch Karneval getragen werden. Allerdings darf der Arbeitgeber nicht jede Individualität unterdrücken. Das Landesarbeitsgericht Köln hat zum Beispiel jüngst entschieden, dass ein Arbeitgeber nicht einfarbige Fingernägel vorschreiben kann (LAG Köln, 3 TaBV 15/10). "Und wenn kein Kundenkontakt besteht, lässt sich auch gegen Pappnase und Wuschelperücke kaum etwas einwenden", sagt die Arbeitsrechtlerin Hildegard Gahlen von der FOM-Hochschule.

Darf Altweiber jeder Schlips abgeschnitten werden?

Kommt im Rheinland ein Mann mit Schlips ins Büro, weiß er, was ihn erwartet. Er hat, würden Juristen sagen, stillschweigend sein Einverständnis erteilt. Aber Vorsicht: Die Mitarbeiterin eines Reisebüros in Essen musste einem Geschäftsmann die Krawatte ersetzen, da sie ihn nicht vorgewarnt hatte (Amtsgericht Essen, Az: 20 C 691/87).

Ist Alkohol am Arbeitsplatz erlaubt?

Wenn per Arbeitsvertrag oder Betriebsvereinbarung Alkohol während des Dienstes verboten wurde, gilt das während der Karnevalszeit weiter. Bei bestimmten Jobs, etwa beim Kranführer, ist Alkohol sowieso tabu. Wenn es hingegen üblich ist, etwa bei Geburtstagen mit Sekt anzustoßen, dann ist zu Karneval mäßiger Alkoholgenuss ebenfalls zulässig — solange die Arbeitsleistung nicht darunter leidet.

Darf der Zug im Fernsehen geschaut werden?

Radio oder Fernseher am Arbeitsplatz kann der Arbeitgeber verbieten. Ein Verbot, dass ohne Beteiligung des Betriebsrates ausgesprochen wurde, ist allerdings unwirksam (Bundesarbeitsgericht, Az: 1 ABR 75/83). Denn: "Der Arbeitnehmer, der seine Arbeit konzentriert, zügig und fehlerfrei verrichtet, erfüllt seine Arbeitspflicht, auch wenn er dabei Radio hört." Selbst im karnevalistischen Niemandsland Hessen wurde eine Kündigung für unwirksam erklärt, die wegen unerlaubten Radiohörens an Rosenmontag ausgesprochen worden war (Hessisches Landesarbeitsgericht, Az: 14 Sa 895/87).

Wie viel Flirt ist erlaubt?

Mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (kurz AGG) sind strenge Regeln geschaffen worden. Als verbotene "Benachteiligung" im Job gilt auch sexuelle Belästigung. Was darunter fällt, hat der Gesetzgeber weit gefasst (Paragraf 3, Absatz 4), doch kann es im schlimmsten Fall zur Kündigung führen. Professor Gahlen ordnet ein: "Bei einer Rosenmontagsfeier im Betrieb gelten andere Maßstäbe als sonst — aber obszöne Sprüche oder Begrabschen sind immer tabu."

(RP/rm)
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