„Das ist ein gutes Signal“ Arbeitsmarkt in NRW bleibt trotz Ukraine-Krieg stabil

Düsseldorf · Die Arbeitslosigkeit ist im Vergleich zum Vorjahr sogar leicht gesunken. Doch der Fachkräftemangel macht den Unternehmen weiterhin zu schaffen.

Eine Mitarbeiterin der Bundesagentur für Arbeit in Düsseldorf berät eine Kundin.

Eine Mitarbeiterin der Bundesagentur für Arbeit in Düsseldorf berät eine Kundin.

Foto: dpa/Oliver Berg

Es ist eine überraschende Nachricht angesichts der großen Krisen dieser Welt: Der Arbeitsmarkt und die Beschäftigung in Nordrhein-Westfalen sind 2022 weitestgehend stabil geblieben und sollen es auch im kommenden Jahr sein. Das teilte der Regionalchef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Thorsten Withake, bei einer Bilanz-Pressekonferenz der Regionaldirektion NRW der BA, von Unternehmer NRW und dem Deutschen Gewerkschaftsbund mit. Zwar hätten die Unternehmen 2022 weniger arbeitslose Menschen eingestellt, doch gleichzeitig auf Entlassungen trotz der unsicheren Wirtschaftslage verzichtet. Letzteres habe für Stabilität gesorgt.

Immer mehr Menschen seien sozialversicherungspflichtig beschäftigt – in diesem Jahr knackte NRW die Marke von 7,3 Millionen. Vor zehn Jahren waren es noch 1,1 Millionen weniger. Gleichzeitig sank die durchschnittliche Arbeitslosigkeit leicht im Vergleich zum Vorjahr. Gab es 2021 noch rund 724.000 Menschen ohne sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, zählte die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit in diesem Jahr nur noch 668.000. Allerdings machte sich im Verlauf des Jahres die Abschwächung der gesamtwirtschaftlichen Lage bemerkbar: Zum ersten Mal seit Mai 2021 waren im Oktober und November 2022 jeweils mehr Menschen arbeitslos gemeldet als im Vorjahreszeitraum – im November 2,7 Prozent mehr als im November 2021. Unter ihnen sind auch 40.000 Geflüchtete aus der Ukraine, die nach dem russischen Überfall am 24. Februar 2022 ihr Land verlassen hatten. Dem stehen aber laut Withake auch schon 14.000 ukrainische Menschen gegenüber, die in Arbeit gebracht wurden. „Das ist ein gutes Signal“, sagte er. Außerdem hob er positiv hervor, dass die Zahl der jungen Arbeitslosen mit rund 47.000 erstmals unter 50.000 liege.

Trotz aller positiven Nachrichten setzt der deutschlandweite Fachkräftemangel auch dem Arbeitsmarkt in NRW zu. Er sei ein zentraler Grund dafür, dass Unternehmen an ihren Beschäftigten festhielten, sagte Arbeitgeberpräsident Arnd Kirchhoff. Die Wirtschaft müsse jetzt gegensteuern, indem sie Auszubildende rekrutiere und halte, umfassende Weiterbildungsmöglichkeiten und flexible Arbeitszeiten anbiete. Es brauche aber auch die Politik, die die Rahmenbedingungen für die Fachkräftesicherung verbessern müsse. „Wichtig ist mir dabei, dass wir sowohl unsere inländischen Potenziale als auch die qualifizierte Zuwanderung gleichermaßen nutzen und nicht gegeneinander ausspielen. Wir brauchen beides“, so Kirchhoff.

Anja Weber, Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes NRW, bezeichnete den Fachkräftemangel als „Achillesferse“. Neben besseren Bedingungen zur Fachkräftezuwanderung aus dem Ausland müssten die Potenziale im Inland besser genutzt werden. Viele Menschen in NRW warteten darauf, eine Chance auf dem Arbeitsmarkt zu bekommen. „Hier müssen Politik und Unternehmen ihre Hausaufgaben machen. Derzeit hat jeder fünfte junge Mensch in NRW keinen Berufsabschluss und steht daher dem Arbeitsmarkt nicht als Fachkraft zur Verfügung“, sagte Weber. NRW brauche eine umlagefinanzierte Ausbildungsgarantie, damit jeder Jugendliche, der einen Ausbildungsplatz sucht, einen bekomme. Und auch Langzeitarbeitslose müssten besser unterstützt werden. Das neue Bürgergeld sei zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber zusätzlich müsse der soziale Arbeitsmarkt ausgebaut, die Tarifbindung gestärkt und mehr Frauen in Jobs gebracht werden.

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