Arbeitsmarkt DGB verlangt Ausbildungs-Fonds für NRW

Düsseldorf · Weil immer noch 25.000 Ausbildungsplätze fehlen, sollen die Unternehmen nach Vorstellung der Gewerkschaften zur Kasse gebeten werden. Mit dem Geld sollen die Ausbildungsvergütungen beglichen werden.

Arbeitsmarkt: DGB verlangt Ausbildungs-Fonds für NRW
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Das neue Ausbildungsjahr ist noch nicht einmal zwei Wochen alt und selten war die Ausgangssituation besser als in diesem Jahr: Deutschlandweit verzeichnete die Bundesagentur für Arbeit (BA) für die 512.000 Bewerber insgesamt 512.000 Ausbildungsplätze - eigentlich ein Traumzustand. Problem ist nur das sogenannte Matching: Nicht jeder Bewerber erhält seine Traumstelle, nicht immer liegt der freie Ausbildungsplatz in unmittelbarer Nähe des Wohnortes.

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Besonders kritisch ist die Lage in NRW. Laut der Regionaldirektion der BA kommen mehr als 127.500 Bewerber auf 102.300 gemeldete Ausbildungsstellen - damit fehlen noch 25.000 Stellen. Nach der Statistik sind 35.600 Jugendliche noch auf der Suche, umgekehrt konnten 32.700 Stellen nicht besetzt werden.

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"Neben dem demografischen Wandel und dem unveränderten Trend zum Hochschulstudium spielt ebenfalls das Berufswahlverhalten junger Menschen eine entscheidende Rolle", sagt Ralf Mittelstädt, Hauptgeschäftsführer der IHK NRW. Der überwiegende Teil der Berufsstarter konzentriere sich auf nur zehn Ausbildungsberufe, während etwa in den Bereichen Gastronomie, Lebensmittelverkauf und metallverarbeitende Industrie ein Mangel an Interessenten herrsche. "Langfristig müssen wir dafür sorgen, dass die Berufsorientierung breiter ausgerichtet wird - gerne mit Hilfe der IHKs", sagt Mittelstädt.

Geografische Lage oft nicht passend

Ein weiteres Problem: die Geografie. Bewerber und freie Ausbildungsplätze fallen nicht immer zusammen. So gab es laut BA im Juli in NRW 2417 erfolglose Bewerber für einen Ausbildungsplatz als Verkäufer, dem gegenüber standen aber 2316 zu vergebende Plätze. Mittelstädt fordert deshalb ein Azubi-Ticket für NRW.

Kritische Stimmen kommen von den Gewerkschaften. Während die Zahl der Bewerber steige, gehe das Angebot stetig zurück, sagt Michael Hermund, Arbeitsmarktexperte des DGB NRW. "Die Verantwortung für diese Misere tragen vor allem die Unternehmen, die zu wenig Ausbildungsstellen anbieten." Nur jedes vierte Unternehmen bilde überhaupt aus. Tatsächlich ist die Ausbildungsbetriebs-Quote, also der Anteil der Betriebe mit Lehrlingen gemessen an allen Firmen, zurückgegangen: 2008 lag die Quote in NRW noch bei 26,3 Prozent, in den darauffolgenden Jahren nahm sie kontinuierlich ab und betrug im vergangenen Jahr gerade einmal 22,4 Prozent.

"Wir erwarten von der neuen Landesregierung, dass sie das Problem an der Wurzel packt und die Unternehmen endlich stärker in die Pflicht nimmt", fordert Hermund. Der DGB-Experte verlangt die Einführung einer Ausbildungsumlage, wie es sie bereits in der Pflege und dem Bauhauptgewerbe gibt. Dabei zahlen alle Firmen je nach ihrer Größe in einen Fonds ein. Wer eine Lehrstelle anbietet, bekommt die Ausbildungsvergütung vollständig erstattet.

NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) verwies dagegen im Gespräch mit unserer Redaktion auf das Programm "Starthelfende": "Dafür stellt das Land derzeit jährlich rund zwei Millionen Euro zur Verfügung. Bei Kammern und weiteren Wirtschaftsorganisationen angestellte Beraterinnen und Berater haben bei dem Programm die Aufgabe, Jugendliche zu vermitteln, die Schwierigkeiten haben, selbstständig eine Ausbildungsstelle zu finden." Die Berater begleiten die Schüler während der Berufsorientierung, Bewerbungsphase und bleiben mit ihnen nach Abschluss eines Ausbildungsverhältnisses in Kontakt.

Laumann kündigte zudem an, das Thema im Rahmen des Ausbildungskonsenses NRW, an dem neben der Regierung die Wirtschaft, Gewerkschaften, Arbeitsverwaltung und Kommunen beteiligt sind, voranzutreiben: "Ziel muss es sein, dass jeder junge Mensch, der eine Ausbildung machen will, auch einen Ausbildungsplatz findet." Zugleich forderte er "ein gewisses Maß an Flexibilität und Pragmatismus - bei Arbeitgebern und Lehrstellenbewerbern gleichermaßen: Es gibt nicht nur den einen Traum-Ausbildungsplatz oder den einen Traum-Bewerber."

(maxi)
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