Wirtschaft will sich Politik nicht beugen Arbeitgeber denken über Klage gegen Mindestlohn nach

Stuttgart/Berlin · Die Arbeitgeber erwägen juristische Schritte für den Fall, dass Union und SPD sich in den Koalitionsverhandlungen auf einen allgemeinverbindlichen Mindestlohn von 8,50 Euro einigen.

"Wir werden sicherlich mit unseren Juristen prüfen, ob es Möglichkeiten zur Klage gibt", sagte Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt der "Stuttgarter Zeitung". Gleiches gelte, sollten Union und SPD im Streit um Werkverträge erweiterte Mitspracherechte für Betriebsräte vereinbaren. Eine solche Einschränkung unternehmerischer Rechte wäre aus Hundts Sicht "verfassungsrechtlich hochbedenklich".

Hundt verwies erneut auf 41 Tarifverträge mit DGB-Gewerkschaften und Einstiegslöhnen unter 8,50 Euro. Es wäre fatal, "wenn die große Koalition diese 41 Tarifverträge über Nacht für nichtig erklären würde". Er warnte die Union vor Zugeständnissen an die SPD. "Es kann gar nicht anders sein, als dass ein einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn in der Tendenz zu Arbeitsplatzvernichtung führt." Auch beschädige er die Tarifautonomie.

Ost-Ministerpräsidenten gegen unterschiedlichen Mindestlohn

Bei den ostdeutschen Ministerpräsidenten stößt dagegen ein unterschiedlicher Mindestlohn im Westen und im Osten Deutschlands auf entschiedenen Widerstand. "Kein Ost-Ministerpräsident wird einen Mindestlohn akzeptieren, der sich an der alten DDR-Grenze orientiert", sagte Sachsen-Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff (CDU) der "Bild"-Zeitung. Allerdings wandte er sich generell gegen einen vom Staat gesetzlich festgelegten Mindestlohn.

Die CDU/CSU setzt anders als die SPD auf tariflich festgelegte Lohnuntergrenzen. Auch Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) wandte sich gegen einen gesetzlichen Mindestlohn und forderte stattdessen flexible Regelungen. "Es muss eine Möglichkeit zur Überprüfung und zur Korrektur geben, wenn sich negative Folgen auf dem Arbeitsmarkt zeigen", sagte Tillich zu "Bild".

Auf einem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde beharrte Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD). In der Zeitschrift "Super-Illu" lehnte auch er eine Ost-West-Differenzierung ab, denn der Osten habe als Niedriglohngebiet keine Zukunft. Vielmehr könnten die ostdeutschen Länder im Wettbewerb um gute Fachkräfte nur mithalten, wenn gute Arbeitsbedingungen und faire Löhne angeboten würden. Auch würde "ein Bäcker seinen Laden nicht von Schwerin nach Stettin verlagern, nur weil er seiner Verkäuferin dort weniger Stundenlohn zahlen muss".

In den vergangenen Tagen war von einer angeblichen Verständigung zwischen Union und SPD die Rede gewesen, die eine stufenweise Angleichung eines Mindestlohns in Ost und West vorsehe. Solche Pläne waren jedoch von beiden Seiten dementiert worden.

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort